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SDS-ler bei einer PLO-Konferenz Ende Dezember 1969 im Palais des Nations in Algier. Spiegel: Nahm Fischer 1969 an PLO-Konferenz teil?Fischers Sprecher Andreas Michaelis erklärte: "Dieser Versuch, Fischer mit vermeintlich neuen Enthüllungen zu konfrontieren, ist durchsichtig und politisch lächerlich." Noch im Januar 2001 hatte Fischer SPIEGEL versichert, er sei nur 1966 auf einer "völlig unpolitischen Tramptour" in einem arabischen Land gewesen und danach erst wieder als Außenminister. Das ARD-Magazin berichtete dagegen von einer eidesstattlichen Versicherung der Konferenzteilnehmerin Inge Presser, dass Fischer zu der fünfköpfigen deutschen Delegation bei der Konferenz 1969 gehört habe.Zu der PLO-Solidaritäts-Konferenz hatte Arafat mehr als 200 Delegierte aus der ganzen Welt eingeladen, unter anderem aus Deutschland, Frankreich und den USA. Den Angaben zufolge wurde dabei das Ziel verfolgt, im Westen Personen zu mobilisieren, die den bewaffneten Kampf der PLO gegen Israel propagandistisch unterstützen. Wenige Tage vor der Konferenz in Algier hatten die arabischen Staaten Arafat in Rabat eine stärkere finanzielle Unterstützung seines Kampfes gegen Israel zugesagt. Die Delegierten der Algier-Konferenz stützten diese Politik mit ihrer gemeinsamen Schlusserklärung: "Die Versammlung vertraut darauf, dass der Endsieg dem palästinensischen Volk gehören wird, und es ihm gelingen wird, ganz Palästina zu befreien."
"Wir waren sehr naiv" Wolfgang Schwiedrzik war 1969 zusammen mit Joschka Fischer auf einer Palästinenser-Konferenz in Algier. Nun fühlt er sich vom "Spiegel" als Belastungszeuge gegen den Minister "instrumentalisiert" Interview: LUKAS WALLRAFF taz: Joschka Fischer ist erneut in Erklärungsnöte geraten, weil er 1969 an einem Kongress in Algier teilgenommen hat. Sie waren damals dabei. Warum? Wolfgang Schwiedrzik: Das war eine internationale Konferenz der Fatah, die die weltweite Unterstützung für die Sache der Palästinenser vorantreiben sollte. Deshalb wurden auch Vertreter des Sozialistischen Studentenbundes (SDS) eingeladen. Welche Rolle spielte Fischer auf dieser Konferenz? Bis vor wenigen Tagen war mir nicht klar, dass Fischer überhaupt an der Konferenz teilgenommen hat. Ich erinnerte mich nur an einen aufgeweckten jungen Mann, an den ich mit gewisser Sympathie zurückdenke. Dass es Fischer war, konnte ich erst anhand der vomSpiegel vorgelegten Fotos rekonstruieren. Ist dieser junge Mann besonders aufgefallen? Er saß wie alle deutschen Teilnehmer in der ersten Reihe. Keiner von uns hat eine Rede gehalten. Interessanterweise hat mir der Spiegel ein Foto vorgelegt, auf dem 90 Prozent der Teilnehmer die Faust heben, wir aber deutlich in der ersten Reihe stehen und nicht mitmachen. Bis auf die Delegierte Inge Presser ... Die jetzt behauptet, Fischer sei von Anfang bis Ende der Konferenz dabei gewesen ... Es ist doch irrelevant, ob er eine oder vier Stunden da war. Es geht darum, ob Joschka Fischer noch dabei war, als eine Resolution verabschiedet wurde. Auch das ist unerheblich. Er hat an der Konferenz teilgenommen. Es gab auch vorher und nachher Resolutionen, die hatten immer ähnliche Ziele ... ... die letztlich auf die Zerstörung Israels hinausliefen? Ja, was soll man dazu sagen? Das ist von uns überhaupt nicht groß thematisiert worden. Wir wussten, dass die Palästinenser diese Ziele verfolgten. Aber wir waren da sehr naiv. Im Spiegel werden Sie zitiert: "Wir waren radikal - und unverantwortlich." Der Spiegel hat aus einem Text von mir und einem Telefoninterview einseitig Äußerungen herausgezogen, die ihm passten. Dass ich Fischer gar nicht kannte, wird zum Beispiel nicht erwähnt. Der Spiegel-Interviewer sagte mir, es ginge ihm um Fakten, um einer zu erwartenden Kampagne der Springer-Presse gegen Fischer entgegenzutreten. Ich sehe nun mit Befremden, dass Teile meiner Äußerungen instrumentalisiert werden, um Fischer zu belasten. Wie beurteilen Sie Fischers eigene Verteidigungsstrategie? Ich nehme für mich selbst in Anspruch, dass ich nach dreißig Jahren Schwierigkeiten mit der Erinnerung habe. Das billige ich auch Joschka Fischer zu. Aber wer sich selbst auf einen so hohen Sockel stellt wie Fischer, muss sich nicht wundern, wenn Leute kommen und Freude daran haben, ihn zu stürzen. CSU-Chef Stoiber sagt, wenn Fischer für die Zerstörung Israels war, muss er zurücktreten. Das halte ich für einen Witz. Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre haben wir Positionen bezogen, die man heute als einseitig betrachtet. Man muss das alles historisch sehen. Wenn ich für mich heute beanspruche, eine differenziertere Position in der Palästina-Frage zu beziehen, dann billige ich das auch Fischer zu. In Spiegel Online wurde ich gestern als alter Kampfgefährte von Fischer dargestellt, der auf den alten Positionen beharrt. Davon kann überhaupt keine Rede sein. taz, 19.2.2001
WELT am SONNTAG und "Report München" liegen Dokumente von dem damaligen
PLO-Solidaritätskongress vor:Der damalige PLO-Chef und heutige
Palästinenser-Präsident Arafat sprach am 27. Dezember 1969 von einer "zionistischen
Besetzung" Palästinas und erklärte: "Unser Volk hat die Waffen erhoben...
Wir sind nicht gegen die Juden als solche, aber wir sind gegen den
internationalen Zionismus... "In der Abschluss-Erklärung vom 28.
Dezember heißt es unter anderem: "Zionismus ist ein rassistisches,
expansionistisches und kolonialistisches System, das untrennbar ist vom
Welt-Imperialismus mit den Vereinigten Staaten an der Spitze... Der
Kongress ist zuversichtlich, dass der Endsieg dem Palästinesischen Volk
gehört, in dem es erfolgreich die Befreiung ganz Palästinas erreicht..."Der
Staatsminister im Auswärtigen Amt, Volmer (Grüne), hatte dagegen in
dieser Woche im Bundestag gesagt, Fischer habe "auch früher als
Privatmann nicht die geringste Tendenz gezeigt, das Existenzrecht
Israels in Zweifel zu ziehen".
Fischer war im Dezember 1969 zu der PLO-Konferenz nach Welt, 17.2.2001
Fischer fand es gähnend
langweilig
Rückendeckung für den Außenminister: Algier war nicht mehr als eine Reise wert Der Bundestag hat sich gestern mit der Teilnahme Joschka Fischers (Grüne) an einer PLO-Solidaritätskonferenz vor 31 Jahren in Algier beschäftigt. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, berichtete, Fischer habe an der umstrittenen Veranstaltung nur eine Stunde teilgenommen, "weil sie ihm zu langweilig war". Volmer verwies auf Fischers jüdischen Freund Daniel Cohn-Bendit und meinte, deshalb sei ein "antiisraelischer Duktus" auszuschließen. Fischer hatte die Teilnahme an der Konferenz eingeräumt, nachdem die ARD-Sendung "Report" darüber berichtet hatte. Volmer sagte, Fischer habe damals an einer Reise des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) teilgenommen. Udo Knapp, heute Leiter der Grundsatzabteilung im Finanzministerium in Mecklenburg-Vorpommern, berichtet in der "FAZ" von seiner Reise mit Fischer nach Algier. Knapp war damals Vorsitzender des SDS. Die Rede Arafats hätte die Gruppe um Knapp lächerlich gefunden. Sie hätte die Konferenz so oft wie möglich verlassen und Familien algerischer Studenten besucht. "Eine echte Reise nach Algier des jungen Fischer und einiger anderer SDSler in einen Beleg für den gewendeten angeblichen Gewalttäter Fischer umzudeuten, ist Rufmord", sagte Knapp. Heute fällt im Opec-Prozess vor dem Landgericht Frankfurt, wo Außenminister Fischer als Zeuge auftrat, das Urteil gegen den wegen dreifachen Mordes angeklagten ehemaligen Terroristen Hans-Joachim Klein. dpa FR vom 16.2.2001
Wie das ARD-Politmagazin "Report aus München" am Donnerstag berichtete,
hat laut der Zeugenaussage von Inge Presser die SDS-Delegation auch an
der Diskussion über den Inhalt der Schlussresolution teilgenommen. Darin
hatte die Konferenz den Kampf gegen Israel bis zum "Endsieg" unterstützt.
In Pressers Erklärung findet sich aber keine Aussage mit einem
unmittelbaren Bezug auf Fischer.
Bazon Brock:
Fischerman’s Äshetisierung der Politik. (dort unter dem Titel
Fischerman’s Weißwäscher ästhetisieren die Politik). Sind jetzt Ästhetiker
gefragt? In den jüngsten Versuchen, Minister Fischers Vergangenheit zu
bewältigen, wird mit größtem Pathos das Ästhetische beschworen. Udo
Knapp bilanziert (FAZ 15.2.01) Fischers und seine Morgenlandfahrt zur
PLO nach Algier im Jahre 1969 so: "Diese sinnliche Einheit von
historischem Ort und dem um Freiheit kämpfenden Volk hat jenseits aller
analytischen politologischen Betrachtungen wie ein ästhetisches
Versprechen auf Gerechtigkeit gewirkt." Udo Knapp erinnert "diese Reise
unter den Chancen des Suchens mit der Seele". Und noch in den 70er
Jahren versuchten Sympathisanten der Freiheitskämpfer aller Weltregionen,
die Diskussion um die Faszination von Gewalt (wie in Riefenstahlfilmen)
brachial zu verhindern. Mit Joschka Fischer in Algier
Udo Knapp (55) ist heute Abteilungsleiter im Finanzministerium
von Mecklenburg- Vorpommern. Er arbeitete für die Grünen im
Bundestag, war Landrat von Rügen und ist seit 1991 Mitglied der
SPD. Knapp sieht heute keinen Grund, sich hinter Anonymität zu
verstecken, wie es der Beitrag über die angeblich ominöse Reise
von Joschka Fischer nach Algier 1969 von «Report München» am
Montag suggerierte. Mit Knapp sprach Benedict
Maria Mülder.
Herr Knapp, die Reise nach Algier. Wie kam es dazu, wer hat sie finanziert? Ich war der letzte Vorsitzende des SDS. 1969 gab es eine Einladung der algerischen Regierung, nach Algier zu kommen. Eine von vielen, denn wir wurden ja häufig eingeladen, nach Amerika und sonst wo. Auf einer Sitzung haben wir herumgefragt, so war damals unsere Arbeitsweise, wer hat Lust mitzukommen. Und die, die sich gemeldet haben, sind mitgefahren. Und Joschka Fischer hatte sich eben auch gemeldet. Niemand hat etwas dagegen gehabt. Wir waren nach meiner Erinnerung fünf Leute. Jeder hätte sich melden können, solange ein freier Platz da war, hätte jeder mitfahren können. Wie war das auf der Konferenz? Wir sind hingeflogen, haben in einem wunderbaren Hotel am Meer gewohnt, erstaunlich für unsere Verhältnisse. Wir wurden überwacht, sollten möglichst nicht raus aus dem Hotel, und sind mit schwarzen Limousinen in ein Konferenzzentrum gefahren, aber dort war es furchtbar langweilig. Dann kam ein sehr martialischer Auftritt des bewaffneten PLO-Chefs Arafat und seiner Mannen, währenddessen wir gegangen sind, so langweilig war es. Den Rest der Konferenz habe ich in der Kashba, der Altstadt von Algier, mit Studenten und ihren Eltern verbracht. Wir hatten Camus gelesen und hielten den Kampf der Algerier gegen die Franzosen für ein ganz wesentliches Moment der nationalen Befreiung vom Kolonialismus. Camus unbestechlicher Freiheitsbegriff nach links und rechts war für mich immer politischer Maßstab. Darüber haben wir viele Gespräche geführt, sind wunderbar versorgt und verpflegt worden. Heute wird von Konservativen unterstellt, damals waren die Linken alle Antisemiten, auch der heutige Außenminister? Das ist eine Dämonisierung der Vorgänge. Joschka hat 1969 keine deutsche Außenpolitik ge-macht. Wir, Joschka, ich und einige andere, haben damals wie auch später bei den Grünen, immer schon zu denen gehört, die mit großem Engagement gegen den linken Antisemitismus aufgetreten sind und ganz sicher nicht auf Seiten der PLO waren. Auch 1969 nicht, grundsätz-lich nicht. Pol und Mao haben wir falsch eingeschätzt, aber in dieser Frage haben wir nicht gewackelt, niemals. Sie waren die deutsche Delegation? Ja, wir fuhren in schwarzen Limousinen und fanden das ziemlich lächerlich. Wir haben aber keine offiziellen Gespräche geführt. Ich müsste es wissen, denn ich war der Vorsitzende. Wir haben nicht die Hand gehoben, nicht mitgearbeitet. Ich habe auch keine Rede gehalten, es gab ja auch gar keine offiziellen SDS-Positionen zu diesen Fragen. Wir waren mit anderen Fragen beschäftigt. Arafat soll in Algier für den «Endsieg» über Israel plädiert haben? Ja, das wird wohl so sein. Das war immer seine Linie, ist bis heute seine Position. Der will keinen Frieden in Israel.
Wahrheit auf RatenVon Hogrefe, Jürgen; Latsch, Gunther; Leinemann, Jürgen; Mascolo, Georg; Pieper, Dietmar; Voigt, Wilfried Wenn Staatsminister Ludger Volmer vom Auswärtigen Amt im Deutschen Bundestag Fragen zur Vergangenheit seines Chefs Joschka Fischer beantwortet, dann erfüllt er normalerweise den Tatbestand der Auskunftsverweigerung: Kein Kommentar. Schon beantwortet. Kein Anlass, Stellung zu nehmen. Schon deutlich gemacht. Ich weise die Unterstellung zurück. Am Mittwoch vergangener Woche aber kam Volmer im Plenum des Parlaments ins Schwadronieren. Warum denn Fischer in einem SPIEGEL-Gespräch verschwiegen habe, dass er 1969 einmal bei einem PLO-Solidaritätskongress in Algier gewesen sei, hatte der CDU-Abgeordnete Eckart von Klaeden wissen wollen. Und da hob Volmer an - obwohl auch diesmal vom Minister zu kargen Auskünften angehalten -, dem Frager herablassend zu erklären, "wie SPIEGEL-Gespräche verlaufen: Da zählt manchmal auch die Unterhaltsamkeit". .... Das am 8. Januar erschienene Fischer-Gespräch war Wort für Wort vom Minister und seinen Leuten geprüft und autorisiert worden. Volmer informierte die Abgeordneten gleich noch zweimal falsch. Er behauptete - um seinen Minister nicht in den Verdacht des Antisemitismus geraten zu lassen -, Fischers jüdischer Freund Daniel Cohn-Bendit sei auch in Algier gewesen, was nicht stimmte. Und er behauptete, Fischer habe, als die Schlussresolution verlesen wurde, in der vom "Endsieg" gegen Israel die Rede war, "nach circa einer Stunde" die Tagung "aus Langeweile" verlassen. Inge Presser, die zusammen mit vier Männern den Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) in Algier vertrat, erinnert sich anders: "Fischer war, als die Resolution verlesen wurde, von Anfang bis Ende dabei." Am Freitagabend korrigierte auch Fischer-Sprecher Andreas Michaelis: Volmer sei von Fischer nicht detailliert über den Verlauf der PLO-Solidaritätsveranstaltung informiert worden. ... Politisch machte ihm die im SPIEGEL-Gespräch unterschlagene Algier-Konferenz von 1969 zu schaffen. ... Brisanter für den Außenminister sind die Unklarheiten im Zusammenhang mit seiner Algerien-Reise. Denn in dieser Frage steht seine politische Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Wann immer Kritiker und zunehmend auch Freunde Fischers sich in den vergangenen Wochen fragten, was eigentlich noch authentisch sei an diesem wandlungsfähigen Super-Aufsteiger, war eine Antwort klar: sein Verhältnis zu Israel. Fischers politische Weltsicht hatte eine Konstante, und die hieß Auschwitz. Und nun soll dieser Fischer einst "den bewaffneten Widerstand des palästinensischen Volkes zur Befreiung des Heimatlandes" bis zum "Endsieg" unterstützt haben, gegen den Staat Israel und das "rassistische, expansionistische und kolonialistische System des Zionismus", wie es in der offiziellen Abschlussverlautbarung des Kongresses heißt. Seite an Seite mit dem Anführer der amerikanischen "Black Panther", Eldridge Cleaver, der ebenfalls in Algier dabei war. Inge Presser erinnert sich, dass Fischer und seinen männlichen Kollegen Arafats PLO-Haltung zu gemäßigt erschienen sei: "Die favorisierten in ihren Augen fortschrittlichere Gruppierungen" - wie die von Georges Habasch geführte PFLP, die ab 1970 mit Flugzeugentführungen von sich reden machte. Dabei war schon Arafats Al-Fatah zu jener Zeit alles andere als harmlos. Die sah sich praktisch als Krieg führende Macht. Im September 1969 hatten Mitglieder der Al-Fatah ein Büro der israelischen Fluggesellschaft El-Al in Brüssel mit Handgranaten attackiert. Dass Arafat in Algier eine "wütende Rede" gehalten habe, daran erinnert sich auch Udo Knapp, damals SDS-Vorsitzender in Frankfurt und Leiter der Delegation. In der "Frankfurter Allgemeinen" behauptete er indes, diese Rede sei nicht ins Englische übersetzt worden. Inge Presser erinnert sich anders: "Die algerische Regierung hatte für erstklassige Simultandolmetscher gesorgt, die die Rede ins Englische und Französische übersetzten." Knapp spielt den Besuch seiner SDS-Mannschaft, die Fischer mitgenommen haben will, weil noch ein Platz frei war, demonstrativ herunter: "Wir waren keine Vertreter der Bundesrepublik, wir wurden auch nicht offiziell begrüßt, ich jedenfalls kann mich an keine Rede erinnern, an keine Diskussion, an der wir als Gruppe beteiligt waren." Das wundert nun wieder Wolfgang Schwiedrzik, der damals für den Berliner SDS mit von der Partie war: "Wir haben, wohl wissend, welche Bedeutung die Konferenz für die Fatah hatte, an der Konferenz teilgenommen: Es ging um die ''Befreiung Palästinas'' im bewaffneten Kampf. Dass eine solche Lösung die Zerstörung des israelischen Staates voraussetzte, darüber machten wir uns damals keine Gedanken. Wir waren radikal - und unverantwortlich. Vor allem was die Steigerung von Kampfformen anging, kannte unsere Phantasie keine Grenzen." Noch 1984 hatte Schwiedrzik wegen der Kongress-Teilnahme Schwierigkeiten, ein US-Visum zu bekommen. Der Konsular-Beamte in Bad Godesberg war offenbar präzise über Details informiert - schließlich hatten auch die Geheimdienste ihre Abgesandten nach Algier geschickt. Das Visum wurde abgelehnt - erst ein Bittbrief direkt an den Botschafter half. Fischer bestreitet die Algier-Reise nicht, lehnt aber jede Äußerung dazu ab. Seine pro-israelische Haltung sei bekannt, lässt er wissen. Seit seinem 16. Lebensjahr habe er die deutsche Schuld gegenüber den Juden akzeptiert. ... Und als seien sie bestellt, um ihn vom Verdacht der PLO-Nähe reinzuwaschen, besuchten ihn Ende vergangener Woche Vertreter jüdischer Organisationen - alles lang anberaumte Termine, die nun freilich gut ins Bild passten: "Von keinem der jüdischen Vertreter ist er auch nur ansatzweise wegen seiner Reise zur PLO nach Algier angesprochen worden", sagt sein Sprecher Michaelis. .... Spiegel-Nr 8/2001, 19.02.2001 Presseerklärung "Report aus München" / Fischers Algier-Version immer fraglicher Zeugin: SDS-Männer waren bei Diskussion über Schlussresolution anwesend15.02.2001 | 15:14 Uhr
München (ots) - Die deutsche SDS-Delegation
hat 1969 auf der
Veröffentlichung nur unter vollständiger Quellenangabe: "Report aus PressemitteilungReport aus München - heute 21.00 Uhr im Ersten / Zeugin widerspricht Außenminister Fischer / Laut eidesstattlicher Erklärung war Fischer Delegierter auf PLO-Propaganda-Konferenz12.02.2001 | 12:00 Uhr
München/Algier (ots) - Bundesaußenminister Joschka Fischer soll
1969 als deutscher Delegierter in Algier an der ersten
internationalen Palästina-Unterstützerkonferenz teilgenommen haben.
Diese Aussage der Konferenzteilnehmerin Inge Presser steht im
Widerspruch zu Fischers bisherigen Äußerungen und liegt "Report aus
München" in Form einer eidesstattlichen Versicherung vor. Auf der
Konferenz in Algier propagierte Palästinenserführer Jasser Arafat
den Kampf gegen Israel bis zum "Endsieg". Diese Haltung
unterstützten auch die Delegierten in ihrer gemeinsamen
Abschlußerklärung. Noch Anfang Januar 2001 versicherte Fischer
gegenüber dem "Spiegel", er sei nur 1966 auf einer "völlig
unpolitischen Tramp-Tour im Nahen Osten" gewesen. Danach sei er erst
als Außenminister wieder "in arabische Länder" gereist. Im
Widerspruch dazu heißt es in der eidesstattlichen Erklärung
Pressers, Fischer sei als Mitglied einer fünfköpfigen, deutschen
Delegation Ende Dezember 1969 in die Hauptstadt des
arabischen Staates Algerien gereist: "Wenn man die Sitzordnung zum
Maßstab der Bedeutung der deutschen Delegation machen will, dann war
sie wichtig, denn ihr wurden die Plätze in der ersten Reihe in der
Mitte des Saales zugewiesen." Zur PLO-Solidaritäts-Konferenz hatte
Arafat über 200 Delegierte aus der ganzen Welt eingeladen, unter
anderem aus Deutschland, Frankreich und den USA. Mit der Konferenz
verfolgte Arafat das Ziel, im Westen Personen zu mobilisieren, die
den bewaffneten Kampf der PLO gegen Israel propagandistisch
unterstützen. Wenige Tage vor der Konferenz in Algier hatten die
arabischen Staaten Arafat in Rabat eine stärkere finanzielle
Unterstützung seines Kampfes gegen Israel zugesagt. Die Delegierten
der Algier-Konferenz stützten diese Politik mit ihrer gemeinsamen
Schlußerklärung: "Die Versammlung vertraut darauf, dass der Endsieg
dem palästinensischen Volk gehören wird und es ihm gelingen wird,
ganz Palästina zu befreien."
Die Welt (19.2.2001):Fischers Teilnahme an einem PLO-Kongress in Algier vor 32 Jahren plädierte Claudia Roth dafür, Fischer an seiner Israel-Politik zu messen. "Es ist vollkommen unstrittig, dass das Existenzrecht Israels nicht in Frage gestellt wird und das ist sein ganzes politisches Leben, seit 20 Jahren hat ihn das geprägt."Außerdem entlastet auch der damalige politische Weggefährte Fischers, Wolfgang Schwiedrzik, Fischers Rolle bei der PLO-Konferenz. Keiner der deutschen Delegierten habe damals eine Rede gehalten, sagte er der Zeitung. Die Delegation des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) habe bis auf die Delegierte Inge Presser im Gegensatz zu der gesamten Versammlung die Faust für den Kampf der PLO nicht erhoben. Sie seien auf der Konferenz nur "Statisten" gewesen Tramptour durch Nahost Noch im Januar hatte der Außenminister in einem Zeitschriften-Interview versichert, er sei nur 1966 auf einer „völlig unpolitischen Tramptour im Nahen Osten“ unterwegs gewesen, danach erst wieder als Außenminister. Das ARD-Magazin „Report“ berichtete jetzt von einer eidesstattlichen Versicherung der Konferenzteilnehmerin Inge Presser, Fischer habe zu der fünfköpfigen deutschen Delegation bei der Konferenz 1969 gehört. Aus dem Umfeld Fischers wurde daraufhin die Teilnahme eingeräumt. CDU-Generalsekretär Meyer fragte, was Fischer der Öffentlichkeit noch verschweige. Bei der Aufklärung seiner Vergangenheit verstricke der Außenminister sich offensichtlich immer weiter in Widersprüche. „Es ist doch geradezu grotesk, dass sich Herr Fischer an eine unpolitische Tramp-Tour im Nahen Osten erinnert, nicht aber an seine Teilnahme an einer hochpolitischen PLO-Konferenz.“ „Endsieg“ über Israel gefordert? Der außenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Christian Schmidt, meinte, falls es stimme, dass Fischer als „Sponti“ an einer PLO-Konferenz teilgenommen habe, „auf der der Endsieg über Israel gefordert worden ist, ist er als Außenminister Deutschlands nicht mehr tragbar.“ Wenige Tage vor der Konferenz hatten „Report“ zufolge die arabischen Staaten Palästinenserführer Yassir Arafat eine stärkere finanzielle Unterstützung seines Kampfes gegen Israel zugesagt. Die Delegierten der Algier-Konferenz stützten diese Politik mit ihrer gemeinsamen Schlusserklärung: „Die Versammlung vertraut darauf, dass der Endsieg dem palästinensischen Volk gehören wird und es ihm gelingen wird, ganz Palästina zu befreien.“ Westerwelle erklärte, Fischer selbst müsse die Teilnahme an der PLO-Konferenz aufklären. „Bei allem Respekt vor den sonstigen Erinnerungslücken des Herrn Fischer: An eine PLO-Konferenz in Algier erinnert man sich.“ Wenn Fischer weiter schweigen werde, werde die FDP eine Antwort des Außenministers parlamentarisch erzwingen. FAZ, 13.2.2001
Frankfurter Allgemeine Zeitung,
15.02.2001, Nr. 39, S. 12
Die Reise nach Algier
Mit Joschka Fischer in Nordafrika: Wie es
war, was uns bewegte /
Das Gedächtnis formt die Erinnerung. Das
Gedächtnis wählt aus, entlastet, je nach Notwendigkeit und Belieben.
Mißbrauch und Selbstbetrug beim Erinnern bedienen sich der gleichen
Methodik. Tatsachen und Erinnerung sind sehr oft nicht
deckungsgleich. Die unerbittliche demokratische Öffentlichkeit
verführt grundsätzlich zur Klitterung.
Das Vorstandsbüro in der Frankfurter
Wilhelm-Hauff-Straße erhielt unzählige Einladungen zu unzähligen
Terminen. Feste hierarchische Strukturen gab es nicht. Wer auf der
Szene war, entschied mit seinen Argumenten oder einfach nur durchs
Aufzeigen. Eine Einladung der algerischen Regierung nach Algier zu
einem Kongreß über den Antikolonialismus. Warum nicht? Wer wollte
teilnehmen?
Daß dieser Prozeß die Freiheitskämpfer
auch in Fratzen ihrer Ideen verwandelt hat, war auf der Oberfläche
schwer erkennbar. Besser: wir haben es trotz Camus' unbestechlicher
Distanz gegenüber jedem ideologischen Selbstbetrug nicht zur
Kenntnis genommen. Das gilt im übrigen auch für Ho Tschi Min, für
Mao und sogar Pol Pot.
Irgendwann im Lauf der Konferenz wurde
das Programm unterbrochen, es gab arabische Kampfmusik, auf der
Bühne erschienen zunächst zwei schwerbewaffnete Al-Fatah-Kämpfer,
dann kam Arafat, umjubelt hielt er eine wütende Rede, übersetzt
wurde sie nicht. Wir fanden den Auftritt eher lächerlich, vor allem
Arafats riesige Pistole im Halfter. Sein Geschrei erzeugte eher
unangenehme Assoziationen an andere Figuren der Weltgeschichte, mit
denen wir nicht sympathisiert haben. Das galt auch für Eldrige
Cleavers Auftritt. Sein rhythmisch christlicher Kampfgesang gegen
das Amerika der Weißen hat zu großen Begeisterungsstürmen geführt.
Wir haben darüber nur gestaunt. Aber auch mit Cleaver haben wir
keinen Kontakt gehabt.
Wir haben die Konferenz so oft wie
möglich verlassen und sind trotz großer Warnungen in der Kasbah
gewesen. Dort haben wir Familien von algerischen Studenten besucht,
endlose Diskussionen über den Kolonialismus und den Faschismus
geführt, über Freiheitskampf und Demokratie, über Kapitalismus,
Ausbeutung und Unterdrückung. Wir haben in diesen verwunschenen,
gekachelten Innenhöfen mit Springbrunnen, Minzetee, Safranreis und
Knoblauchfleisch Geschichten aufgesogen und genossen. Wir haben die
Plätze der großen Kämpfe angesehen und begriffen, warum die
Franzosen mit ihrem Militärterror keine Chance gegen das algerische
Volk hatten.
Gespräche mit Palästinensern haben wir
nicht geführt. An Resolutionen kann ich mich nicht erinnern.
Ich habe diese Reise unter den Chancen
des Suchens mit der Seele als besonderes Ereignis in Erinnerung
behalten. Als Bestätigung meiner einseitigen Parteinahme für Israel.
Arafats Auftritt, seine martialische Drohung mit Gewalt, zeigte
schon damals nichts anderes als seinen blanken Haß auf alle
Israelis. Er hat niemals Frieden mit Israel gewollt. Er wollte, das
war schon damals sichtbar, sein Volk in Schlachten jagen, die es zu
Recht nur verlieren konnte.
Mit der Welt, die wir mitgestalten
wollten, hatte das nichts zu tun. Arafat war mir fremd und ist mir
fremd geblieben. Offizielle Gespräche des SDS mit der PLO jedenfalls
hat es während meiner Vorstandszeit nicht gegeben.
Übrigens hat Fischer, in langen Kämpfen
bei den Grünen mit mir und anderen den offenen linken Antisemitismus,
der erst nach 1969 in den postkommunistischen Sekten auftrat und
auch in den Grünen lange Zeit mehrheitsfähig gewesen ist, offen
bekämpft. Das läßt sich in der "taz" nachlesen. Eine echte "Reise
nach Algier" des jungen Fischer und einiger anderer SDSler in einen
Beleg für den gewendeten angeblichen Gewalttäter Fischer umzudeuten,
ist Rufmord, aber demokratische Kultur lebt auch davon. Das macht
sie nicht schlechter.
Kastentext:
In einem am 8.
Januar dieses Jahres von der Zeitschrift "Der Spiegel"
veröffentlichten Gespräch sagte Bundesaußenminister Fischer auf die
Frage, es gebe ein Gerücht, nach dem er sich um das Jahr 1970 in
einem PLO-Lager in Jordanien aufgehalten habe:
"Oh, ja!
Sonst noch was?
Ich war 1966 auf einer völlig unpolitischen Tramp-Tour im Nahen
Osten. Erst in den
neunziger Jahren bin ich wieder nach Israel und in die arabischen
Länder gekommen: als Außenminister."
"Wir haben irgendwann gemerkt, daß die
eigentliche Gefahr darin besteht, genau das aufzunehmen, was wir der
Elterngeneration vorgeworfen haben.
Für mich war es eines der schlimmsten Erlebnisse, als 1976,
auch unter Beteiligung zweier Deutscher aus Frankfurt, eine
Air-France-Maschine entführt wurde und das Kommando dort die Pässe
eingesammelt hat und unter den Geiseln selektiert hat nach jüdisch
und nicht-jüdisch. Das
war ekelhaft, entsetzlich und hat zu einer gewaltigen, auch internen,
Desillusionierung geführt."
(F.A.Z.)
01.10.2007
Die Schüsse veränderten mein Leben
Von Fischer, Joschka
FISCHER ÜBER
SEINE RADIKALISIERUNG
Zwei parallele Ereignisse, die in der Sache nichts
miteinander zu tun hatten, nämlich der Sechs-Tage-Krieg im Juni
1967, der in der totalen Niederlage der arabischen Armeen und der
Besetzung weiter arabischer Territorien durch das siegreiche Israel
endete, und der gewaltsame Tod des Studenten Benno Ohnesorg, der am
2. Juni 1967 bei der Auflösung einer Protestdemonstration gegen den
zu einem Staatsbesuch in West-Berlin weilenden Schah von Persien von
einem Polizisten in Zivil erschossen wurde, veränderten meine
Haltung zu Israel.
Die Schüsse vom 2. Juni veränderten mein Leben, denn
durch sie kam ich in Stuttgart in Kontakt zum SDS und wurde zu einem
Linksradikalen, der die Verhältnisse in der damaligen Bundesrepublik
Deutschland zunehmend ablehnte, ja bekämpfte. Und mit dem Sieg
Israels im Junikrieg traten für mich in der Zeit danach mehr und
mehr die Palästinenser
und ihr Schicksal in den Vordergrund. Ich hatte,
bedingt durch die Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit
und dem Versagen der Elterngeneration, eine moralische Haltung
gegenüber Unterdrückung und Ungerechtigkeit in der Politik
entwickelt, die in jener Zeit meinen Blick auf die Konfrontation im
Nahen Osten veränderte.
Freilich lautete die Konsequenz für mich niemals,
Israels Existenzrecht in Frage zu stellen, wie dies bei manchen
innerhalb der neuen Linken der Fall war. Dazu war für mich die
deutsche Schuld an der Shoah und die sich daraus ergebende
Verantwortung gegenüber Israel einfach zu stark ausgeprägt und zu
konstitutiv für meine politische Identität. Dies führte mich (und
viele andere) aber in ein inneres Dilemma, das letztendlich in der
Vorstellung von einem binationalen Israel, in dem Israelis und
Palästinenser friedlich und mit gleichen Rechten zusammenleben
würden, aufgelöst wurde. Nicht Israel war das Problem, so dachte ich
zu jener Zeit, sondern seine zionistische Orientierung.
Dies war gewissermaßen eine "postzionistische"
Position, lange bevor sich dieser Begriff in der historischen
Debatte in Israel überhaupt durchgesetzt hatte. Damals gab es in
Israel eine trotzkistisch beeinflusste Gruppe, Mazpen, von deren
Ideen wir in der Frankfurter Spontiszene stark beeinflusst wurden.
Mein inneres Dilemma schien somit also gelöst zu sein, allerdings
erwiesen sich diese Ideen im Lichte der harten Realitäten des
NahostKonflikts als blanke Illusion.
Im Zuge der deutschen 68er-Debatte im Jahr 2001, bei
der es vor allem um meine Vergangenheit ging, wurde mir auch
vorgeworfen, ich hätte, gemeinsam mit einigen anderen Mitgliedern
des SDS, Ende 1969 an einem PLO-Solidaritätskongress in Algier
teilgenommen. Das Faktum traf zu, der damit über 30 Jahre später
verbundene politische Vorwurf aber, ich hätte damit zur Zerstörung
Israels aufgerufen, ist falsch und entsprach niemals meiner
politischen Überzeugung.
Wie kam ich überhaupt zu diesem PLO-Solidaritätskongress?
Jeden Samstagabend fand in einem Frankfurter Studentenwohnheim am
Beethovenplatz die SDS-Versammlung statt. Dort wurde eines Tages
spät im Jahr 1969 gefragt, wer denn zu diesem Kongress reisen wollte.
Und da sich kein anderer Arm hob, tat ich es eben, denn dies war
eine gute Gelegenheit, die erste Flugreise meines Lebens zu
unternehmen und Algerien zu besuchen. Ich nahm danach nie wieder an
einem internationalen Solidaritätskongress für Palästina teil,
geschweige denn, dass ich in ein Palästina-Komitee eingetreten wäre.
Diese Form der Solidarität war mir zu unkritisch und entsprach nicht
meiner politischen Sicht auf den Nahost-Konflikt.
In den folgenden Jahren erwies sich die Realität als
eine harte Lehrmeisterin, die mich brutal aus meinen binationalen "postzionistischen"
Illusionen reißen sollte.
Denn die "Solidarität" mit den Palästinensern führte
viele Gruppen der radikalen Linken in Europa und auch in Deutschland
Schritt für Schritt zur Kollaboration mit dem palästinensischen
Terror, der sich gegen Israel und gegen jüdische Menschen richtete.
Der katastrophale Höhepunkt dieser Entwicklung war für mich erreicht,
als Ende Juni 1976 ein Terrorkommando der Volksfront zur Befreiung
Palästinas ein Flugzeug der Air France auf dem Weg von Athen nach
Paris nach Entebbe in Uganda entführte. Diesem Kommando gehörten
auch zwei junge Deutsche aus Frankfurt am Main an, Wilfried "Bonni"
Böse und Brigitte Kuhlmann. Böse kannte ich entfernt persönlich, er
leitete einen Buchvertrieb in Frankfurt. Beide wurden bei der
Befreiungsaktion eines israelischen Kommandounternehmens in der
Nacht vom 3. auf den 4. Juli in Entebbe erschossen.
Dies alles war schon schockierend genug. Dass diese
beiden deutschen Terroristen sich aber dazu hergaben, anhand der
Namen in den Reisepässen die jüdischen von den nichtjüdischen
Passagieren zu trennen, faktisch also zu "selektieren", löste bei
mir blankes Entsetzen aus, das mich endgültig aufwecken sollte. Ich
war fassungslos. Wie konnten junge Deutsche, die sich links nannten
und die deutsche Schuld an Auschwitz nur zu gut kannten, so etwas
tun? Für mich war das die schlimmste Form von Antisemitismus, die
sich durch nichts rechtfertigen ließ.
In einer Wohngemeinschaft, in der ich damals öfters zu
Gast war, kam es darüber zu einer heftigen Debatte, die hart am
Rande einer Prügelei entlangschrammte. Meine Auffassung dazu war
sehr klar, und ich habe sie damals in dieser Härte und Deutlichkeit
auch so artikuliert: Wenn Deutsche sich nochmals dazu hergäben,
Juden von Nichtjuden zu selektieren, dann hätten sie kein anderes
Schicksal als die Entführer verdient. Für mich jedenfalls war
seitdem klar, dass Antizionismus letztendlich nichts anderes als
Antisemitismus war und wie jeder Antisemitismus im Mord an jüdischen
Menschen endete. Antisemitismus war für mich nicht nur abstoßend und
völlig inakzeptabel, sondern musste aktiv bekämpft werden. Dies war
und ist meine Lektion aus der deutschen Geschichte.
* In Frankfurt am Main 1973, mit schwarzem Helm.
DER
SPIEGEL 40/2007 Tatsächlich muss sich der Außenminister vorhalten lassen, seine Teilnahme an einer PLO-Konferenz zunächst verschwiegen zu haben. Bei dem Solidaritätskongress in Algier im Jahr 1969 war in einer Resolution der "Endsieg" über Israel propagiert worden. In einem "Spiegel"-Gespräch gab Fischer jedoch zu Protokoll, er sei zwischen 1966 und seinem Amtsantritt als Außenminister nicht mehr in ein arabisches Land gereist. Aus Fischers Umgebung verlautete danach, die pauschale Äußerung sei ein Versehen gewesen. Fischer habe damit dem Vorwurf entgegentreten wollen, er habe sich in einem PLO-Ausbildungslager aufgehalten.Fischer war im Dezember 1969 zu der PLO-Konferenz nach Algier gereist. Gastgeber war der junge Staat Algerien, damals eisern geführt vom revolutionären und israelfeindlichen Militärdiktator Boumedienne. Dort, im Palais des Nations, debattierten diverse Delegationen aus aller Welt, wie der "Befreiungskampf" der Palästinenser unterstützt werden könnte. Der damals 21-jährige Fischer war als Mitglied einer Gruppe des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes dabei, obwohl er nachweislich nie Student war.Glaubt man dem Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, hatte Fischer bei seiner Algerienreise eher touristische als politische Interessen. In einer Fragestunde des Bundestages sagte Parteifreund Volmer: "Er hat die Veranstaltung nach einer Stunde verlassen, weil sie ihm zu langweilig war, und sich stattdessen Algier angeschaut." Soll heißen: Fischer war nicht dabei, als die israelfeindliche Resolution verabschiedet wurde.Auch diese Version blieb nicht lange unbestritten. So versicherte Inge Presser, eine deutsche Teilnehmerin des PLO-Kongresses, dem TV-Magazin "Report" an Eides statt, die deutschen Gäste, darunter auch Fischer, hätten sich sehr wohl mit den Zielen der Konferenz auseinander gesetzt. Sie alle seien während der Verlesung der Abschlussresolution anwesend gewesen. Die deutschen Vertreter sollen laut Presser "die Einschätzung der Lage durch die marxistischen Strömungen der PLO für adäquater" gehalten haben. Dazu zählte vor allem die terroristische, zweitgrößte PLO-Untergruppe PFLP. Diese marxistisch-leninistisch ausgerichtete Volksfront für die Befreiung Palästinas wurde 1967 nach dem Sechstagekrieg gegründet. Sie rühmte sich schon damals ihrer Bombenanschläge und Flugzeugentführungen.In der Debatte um seine Vergangenheit erlebt Fischer jetzt, was Wolfgang Schäuble in der Affäre um die Schreiber-Spende erfuhr: Jedes Detail zählt. Und so könnte ein falsches Detail, ausgesprochen vor Gericht oder in den Medien, nicht nur Fischer zu Fall bringen, sondern mit ihm die rot-grüne Koalition. "Ohne Joschka geht es nicht", sagt Grünen-Fraktionschef Rezzo Schlauch klipp und klar.Der Bundeskanzler hält in Treue fest zu seinem beliebtesten Mann im Kabinett. "Ich habe ohne Abstriche vollstes Vertrauen zu meinem Außenminister", sagte Gerhard Schröder gestern auf dem Weg zur Ambiente, der Frankfurter Möbelmesse. Fischer selbst gibt sich furchtlos. "Wir wollen ein solches Ermittlungsverfahren", sagte sein Sprecher Andreas Michaelis. Offensichtlich könnten nur so die Vorgänge und Vorwürfe geklärt werden. "Wir sehen dem mit großer Ruhe entgegen." Es sei aber kein Geheimnis, "dass das schon zehrt".Die Oppositionsführer im Bundestag setzen auf die Eigendynamik der Widersprüche. Während CSU-Chef Stoiber bereits den Rücktritt Fischers verlangt, halten sich Friedrich Merz und Wolfgang Gerhardt noch zurück. Die Zeit sei noch nicht reif. Unionsfraktionschef Merz will sich gar nicht äußern. FDP-Kollege Gerhardt wagt mehr. Erinnerungslücken des Außenministers will er nicht gelten lassen: "Als Fischer selbst noch in der Opposition war, hat gerade er stets die exakte Erinnerung von Regierungsmitgliedern eingefordert." Für Gerhardt ist es deshalb "nicht hinnehmbar", dass Fischer "nur auf Nachfrage Scheibchen für Scheibchen mit der Wahrheit herausrückt".Von Salamitaktik spricht auch CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer. Damit beschädige Fischer sein Amt und international das Ansehen der deutschen Politik. "Fischer ist eine echte Belastung für die Bundesrepublik Deutschland", poltert CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach. "Wie kann jemand unbefangen unser Land in der Welt vertreten, der an einer Veranstaltung teilnahm, wo der ,Endsieg' über Israel bejubelt wurde?" Nein, der Minister müsse zurücktreten, und Bosbach zweifelt nicht daran, dass es dazu auch kommen wird. Nur von einer Oppositionsfraktion hat Fischer hier nichts zu befürchten. PDS-Fraktionschef Roland Claus versichert: "Fischers Vergangenheit interessiert uns nicht." Die Welt, 17.2.2001
Laut eidesstattlicher Erklärung war Fischer
Delegierter auf PLO-Propaganda-Konferenz12.02.2001-12 Uhr
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.02.2001, Nr. 40, S. 2
Neues über Fischers Aufenthalt in Algier
ulf. FRANKFURT, 15. Februar. Die deutsche
Delegation, die im Dezember 1969 anläßlich der 1. Internationalen
Konferenz für die Unterstützung des palästinensischen Volkes nach
Algier gereist war, soll auch an der Diskussion über den Inhalt der
radikalen Abschlußerklärung teilgenommen haben. In einer dem
Münchner Fernsehmagazin "Report" vorliegenden eidesstattlichen
Versicherung der Teilnehmerin Inge Presser heißt es, die deutschen
Gäste - zu ihnen zählte auch der heutige Bundesaußenminister Fischer
- hätten sich mit den Zielen der Konferenz auseinandergesetzt: "Den
vier männlichen deutschen Teilnehmern war die Position der Al-Fatah
nicht fortschrittlich genug. Sie hielten die Einschätzung der Lage
durch die marxistischen Strömungen der PLO für adäquater." Vier
männliche deutsche Teilnehmer, unter ihnen Fischer, sollen während
der Verlesung der in drei Arbeitsgruppen
erarbeiteten Schlußresolution anwesend gewesen sein. Nach
Informationen des Bayerischen Rundfunks wurde die Diskussion der
Teilnehmer aus vierzehn Staaten simultan übersetzt.
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt Volmer hatte im Bundestag
bestätigt, daß Fischer 1969 an dem PLO-Treffen teilgenommen hatte.
Fischer habe die Veranstaltung jedoch nach einer Stunde verlassen,
da es ihm "zu langweilig" gewesen sei.
In den vergangenen Tagen wurden Bilder verbreitet, die Fischer 1969 als Einundzwanzigjährigen auf einer PLO-Konferenz in Algier zeigen. Entgegen den Behauptungen seines Staatssekretärs Ludger Vollmer (Grüne) habe Fischer die Konferenz nicht nach einer Stunde gelangweilt verlassen, sondern am Ende von Jassir Arafats "Hetz-Rede gegen die Juden" stehend Beifall geklatscht. Unter diesen Bedingungen sei er als Außenminister untragbar. Man muss weder Arafats noch Fischers Politik unterstützen, um den Schwachsinn dieser Argumentation aufzudecken. Die Algier-Konferenz der PLO fand anderthalb Jahre nach dem Sechs-Tage-Krieg - dem israelischen Blitzkrieg gegen Jordanien, Syrien und Ägypten - statt. Dieser Krieg machte mit der Besetzung des Westjordanlands, der Golanhöhen und des Gazastreifens den aggressiven Charakter des zionistischen Regimes deutlich. Tausende von Palästinensern wurden damals vertrieben und leben seitdem in Flüchtlingslagern unter nahezu unbeschreiblichen sozialen Bedingungen und der ständigen Angst vor israelischen Angriffen.
World Socialist Web Site, 21.2.2001
Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Ich danke den Fragestellern und den Kollegen der Bundesregierung und beende die Regierungsbefragung. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde – Drucksachen 14/5269, 14/5308 – Wir kommen zunächst zu den dringlichen Fragen. Sie beziehen sich auf den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung der Fragen ist Staatsminister Dr. Ludger Volmer anwesend. Ich rufe die dringliche Frage 1 des Kollegen Eckart von Klaeden auf: Wer hat die Reise finanziert, mit der der heutige Bundesminister des Auswärtigen, Joseph Fischer, entgegen seiner bisherigen Aussage nach Angaben des ARD-Magazins „Report“ (12. Februar 2001) 1969 in Algerien an einer gegen Israel gerichteten Propagandakonferenz der PLO teilgenommen hat, auf der Palästinenserführer Yassir Arafat zum Kampf gegen Israel bis zum „Endsieg“ aufrief? (Erika Lotz [SPD]: Klaeden die Neunte oder wie? – Ludwig Stiegler [SPD]: Unser Historiker! Fischers Biograf!) Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Kollege Klaeden, es handelte sich damals um eine Reise des SDS. Über die Finanzierung ist nichts bekannt. Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Eine Zusatzfrage. Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Zunächst einmal möchte ich meine weiteren Fragen und auch die Zusatzfragen mit der Erwartung verbinden, dass uns, wenn sich das Erinnerungsvermögen beim Außenminister wieder einstellt oder die Bundesregierung eine neue Erkenntnis gewinnt, schriftlich auf die Fragen geantwortet wird. Falls Sie also die Gelegenheit haben, den Herrn Außenminister zu fragen, ob er sich an die Finanzierung erinnern kann, erwarte ich, dass uns, falls eine entsprechende Antwort von ihm kommt, vernünftig geantwortet wird. Meine erste Zusatzfrage bezieht sich auf das „Spiegel“-Interview mit Außenminister Fischer, das in der Ausgabe vom 8. Januar dieses Jahres erschienen ist. Darin hat er auf die Frage nach einem Aufenthalt 1970 in einem PLO-Camp in Jordanien geantwortet: Oh, ja! Sonst noch was? Ich war 1966 auf einer völlig unpolitischen Tramp-Tour im Nahen Osten. Erst in den Neunzigerjahren bin ich wieder nach Israel und in die arabischen Länder gekommen: als Außenminister. Eckart von Klaeden Meine Frage ist: Warum hat Herr Bundesminister Fischer nicht seinen Aufenthalt in Algerien erwähnt und für wie beschädigt hält die Bundesregierung das Erinnerungsvermögen des Außenministers? (Ludwig Stiegler [SPD]: Warum hat Herr Landowsky seine Spenden nicht erwähnt? – Erika Lotz [SPD]: Sie waren da doch erst vier Jahre alt! Da haben Sie alles schon mitbekommen!) Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Zu Ihrer Eingangsbemerkung, Herr von Klaeden: Ich habe gerade selber noch mit dem Außenminister darüber sprechen können. Er erinnert sich in der Tat nicht an die Finanzierung. Sollte sie noch bekannt werden, bekommen Sie das schriftlich nachgereicht. Zu dem „Spiegel“-Zitat. Nicht zum Duktus der Antwort, aber zum Gehalt des Gesprächs und zum Kern der Frage des „Spiegel“, nämlich ob Herr Fischer in dem PLO-Trainingscamp gewesen sei, kann ich eindeutig sagen: Nein. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben! Sie waren noch nie auf einer Konferenz!) Sie wissen doch, wie „Spiegel“-Gespräche verlaufen. Da zählt manchmal auch die Unterhaltsamkeit. Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Eine zweite Zusatzfrage. Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Ich schlage vor, dass man der Wahrheit den Vorzug vor der Unterhaltung gibt. Ich darf aber trotzdem eine weitere Frage stellen. Sie wissen, dass auf dieser Konferenz, an die sich der Außenminister neuerdings erinnern kann, eine Resolution verabschiedet wurde. In der Resolution heißt es: Die Versammlung vertraut darauf, dass der Endsieg dem palästinensischen Volk gehören wird und es ihm gelingen wird, ganz Palästina zu befreien. Meine Frage ist: Hat der heutige Außenminister damals dieser Resolution zugestimmt? Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Nein, der Außenminister hat diese Veranstaltung nach circa einer Stunde verlassen, weil sie ihm zu langweilig war. (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Daran kann er sich genau erinnern!) Seine politische Haltung zur Nahostpolitik ist ja wohl völlig eindeutig. Eindeutiger könnte sie nicht sein, wie sich auch an der heutigen Politik des Außenministers erweist. Die Grundlinie des Außenministers gegenüber Israel und in Bezug auf die Nahost-Politik lautet: (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Hilflose Antwort!) Erstens. Deutschland hat wegen der historischen Belastung im Zusammenhang mit dem Holocaust eine dauerhafte Verantwortung. (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Aus anderen Gründen nicht?) Zweitens. Deutschland übernimmt Mitgarantien für das Existenzrecht Israels. Drittens. Deutschland beteiligt sich daran, dass zwischen Israel und Palästina ein Frieden auf der Basis von Verständigung entsteht. Dafür steht Joschka Fischer – wer ihn kennt, weiß das – seit mindestens 20 Jahren und auch heute als Außenminister. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Eine Zusatzfrage des Kollegen Lippelt. Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatsminister, da Sie früher einmal mit mir zusammen im Vorstand derselben Partei waren und wir zu vielen Parteikongressen Gäste aus aller Welt eingeladen haben und CDU und F.D.P. und andere Parteien es genauso gemacht haben: Ist Ihnen irgendein Fall bekannt, in dem ein geladener Gast mit dem Unsinn identifiziert wurde, den die Delegierten einer Partei beschlossen? (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Algerien!) So haben wir beispielsweise auch bei Veranstaltungen der CDU gesessen und ich denke, wir haben uns nicht mit dem identifiziert, was die CDU damals beschlossen hat. (Heiterkeit bei der SPD – Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Das war auch kein Parteitag!) Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Kollege Lippelt, es werden ständig Resolutionen verabschiedet, bei denen man 20 Jahre später kaum noch nachvollziehen kann, inwiefern sie triftig gewesen sein sollen. Seitdem Joschka Fischer als politischer Akteur auf der Bundesebene tätig ist, ist seine Haltung so eindeutig, wie man dies nur bei wenigen Kolleginnen und Kollegen finden wird. (Widerspruch bei der CDU/CSU) Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Eine Zusatzfrage des Kollegen Koppelin. Jürgen Koppelin (F.D.P.): Herr Präsident, ich darf zuvor zur Geschäftsordnung fragen: Da der Staatsminister zwei dringliche Fragen beantwortet hat, gehe ich davon aus, dass ich auch zweimal die Möglichkeit habe zu fragen. Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Die Frage 2 des Kollegen von Klaeden ist noch nicht aufgerufen. Bei dieser Frage können Sie eine Zusatzfrage stellen. Jürgen Koppelin (F.D.P.): Herr Staatsminister, können Sie sich vorstellen, dass man ganz nachdenklich wird, wenn man weiß, dass der jetzige Außenminister damals zu dieser Tagung – mit diesen Beschlüssen – in Algerien gewesen ist, und zur Kenntnis nehmen muss, dass sich Minister Fischer heute zu den Hinrichtungen in Palästina in keiner Weise geäußert hat, obwohl wir doch auch in diesem Hause alle immer der Auffassung gewesen sind, dass wir uns gegen Todesstrafe und Hinrichtungen aussprechen, und obwohl sich auch das Außenministerium bei vielen Gelegenheiten dankenswerterweise geäußert hat? Nun äußert es sich erstaunlicherweise bei dieser Frage überhaupt nicht. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Unterstellung! Das stimmt überhaupt nicht!) Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Koppelin, Sie sprechen ein grundsätzliches Problem an, nämlich in welcher Tonlage und in welcher Form die Menschenrechtsverletzungen, die im Nahost-Prozess von verschiedenen Seiten begangen wurden, angesprochen werden sollen. Ich kann Ihnen versichern, dass alle diese schrecklichen Ereignisse in Gesprächen, die wir mit beiden Seiten auf unterschiedlichsten Ebenen führen, sehr deutlich angesprochen werden. Im Moment ist es aber nicht der richtige Stil, große öffentliche Erklärungen seitens der Bundesregierung abzugeben. Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass wir genau dieses Thema heute Morgen im Auswärtigen Ausschuss intensiv besprochen haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass ein F.D.P.-Abgeordneter dort das Wort ergriffen hat. (Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Früher konnte es den Grünen nicht laut genug sein! – Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Sie müssen auf meine Frage antworten und nicht schildern, was im Auswärtigen Ausschuss lief ! – Ludwig Stiegler [SPD]: Keine Kommunikation!) Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Eine Zusatzfrage des Kollegen Schockenhoff. Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU): Herr Staatsminister, Bundesminister Fischer hat als Delegationsmitglied des Sozialistischen Deutschen Hochschulbundes – – (Ludwig Stiegler [SPD]: Studentenbund!) – Sozialistischer Deutscher Studentenbund. Sie kennen sich in einschlägigen Kreisen besser aus, Herr Stiegler. (Ludwig Stiegler [SPD]: Selbstverständlich! Man muss präzise sein!) Ich möchte die Frage aber gerne dem Herrn Staatsminister stellen. Nachdem es dem Bundesminister nach einer Stunde zu langweilig geworden ist, wurde eine Resolution verabschiedet, die zum „Endsieg gegen Israel“ auffordert. (Detlev von Larcher [SPD]: Was hat er da gemacht?) Hat sich denn der Bundesminister im Nachhinein von dieser nationalsozialistischen Wortwahl distanziert oder was hat er unternommen, um diesen Sprachgebrauch zu verhindern? (Ludwig Stiegler [SPD]: Warum waren Sie nicht selber dabei? – Uwe Hiksch [PDS]: Kommen Sie sich bei Ihrer Frage nicht dumm vor?) Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Sehen Sie, die Diskussion verläuft immer nach derselben Methode: Der Außenminister wird in einen Topf geworfen, in den er nicht hineingehört, und dann wird von ihm gefordert, sich zu distanzieren. Der Außenminister hat sowohl in seiner formellen Funktion als auch früher als Privatmann nicht die geringste Tendenz gezeigt, das Existenzrecht Israels in Zweifel zu ziehen. (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Warum ist er da denn hingegangen?) Diese Reisen hat er damals übrigens zusammen mit seinem engsten Freund Daniel Cohn-Bendit gemacht, (Ernst Burgbacher [F.D.P.]: Auch das noch! – Weitere Zurufe von der F.D.P.) der, wie Sie wissen, jüdischer Herkunft ist, weshalb wohl auszuschließen ist, dass dort ein prinzipiell antiisraelischer Duktus vertreten wurde. (Detlev von Larcher [SPD], zur CDU/CSU gewandt: Das ist nur peinlich, was Sie da machen! – Uwe Hiksch [PDS]: Peinlich, peinlich! Wenn die fünfte Reihe mal etwas sagen darf!) Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Eine Zusatzfrage des Kollegen Weisskirchen. Gert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD): Herr Staatsminister, würden Sie bitte einmal kommentieren, was geschehen würde, wenn wir hier oder etwa die Kollegen im Bayerischen Landtag an den Herrn Ministerpräsidenten Stoiber die Frage stellen würden, was er in jener Zeit, zum Beispiel in den 60er-Jahren, als er Franz Josef Strauß direkt zugearbeitet hat und Franz Josef Strauß enge Kontakte zu bestimmten Rechtsdiktatoren gepflegt hat, (Ludwig Stiegler [SPD]: Pinochet!) getan hat. Ist es sinnvoll, solche Fragen heute in unseren Parlamenten zu debattieren? Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Weisskirchen, Sie haben jetzt einen Extremtyp der Kooperation genannt, der in früherer Zeit gang und gäbe war. Sicherlich ist es sinnvoll, auch dies historisch aufzuarbeiten. Bezogen auf die arabische Welt kann man allerdings sagen, dass wir damals und auch heute vor der schwierigen Aufgabe stehen, unsere besondere Verantwortung, die wir Israel gegenüber haben, mit den berechtigten Interessen, die wir gegenüber dem arabischen Raum haben und die dieser uns gegenüber hat, auszubalancieren. Das ist eine nicht immer ganz einfach zu gestaltende Politik. Deshalb läuft das meiste davon nicht öffentlich und in lauten Tonlagen ab. Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Eine Zusatzfrage des Kollegen Hauser. Norbert Hauser (Bonn) (CDU/CSU): Herr Staatsminister, meine Frage stelle ich vor dem Hintergrund, dass ich gerade vom Kollegen Lippelt lernen konnte, dass er sich in Zukunft problemlos auch von der NPD einladen lassen darf, (Uwe Hiksch [PDS]: Ist das ein Schmarren! – Detlev von Larcher [SPD]: Das ist nur peinlich!) da er sich, wenn er einer solchen Einladung folgt, nicht unbedingt mit den Inhalten der NPD identifizieren muss. So hat Herr Lippelt es gerade ausgedrückt. Meine Damen und Herren, Sie werden dies dem Protokoll entnehmen können. Angesichts dessen, dass hier gesagt wird: „Wenn ich irgendwohin eingeladen bin, gehe ich da zwar hin, identifiziere mich aber nicht mit den Inhalten“ – das war die Aussage des Kollegen Lippelt, die mich zu dieser Nachfrage veranlasst hat –, (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Setzen Sie die CDU/CSU mit der NPD gleich?) frage ich Sie, Herr Staatsminister, ob Sie die Einschätzung teilen können, dass man sich, wenn man zu einer Veranstaltung geht, von der man erwarten muss, dass dabei etwas herauskommt – zum Beispiel, dass eine Resolution verabschiedet wird, (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum wollen Sie denn zur NPD?) in der es wörtlich heißt, Frau Kollegin: „Die Versammlung vertraut darauf, dass der Endsieg dem palästinensischen Volk gehören wird und es ihm gelingen wird, ganz Palästina zu befreien“ –, auch Gedanken darüber machen muss, wer einlädt, welcher Einladung man folgt und zu welchen möglichen Ergebnissen eine Veranstaltung führt. Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Hauser, wir sprechen über Ereignisse, die vor 32 Jahren stattgefunden haben. Damals hat die gesamte deutsche Politik darum gerungen, ihr Verhältnis zu Israel richtig zu gestalten und das Dreiecksverhältnis zu Israel und zur arabischen Welt auszutarieren. Dabei wurde vieles experimentell durchgespielt. Es wurden zahlreiche Gespräche geführt. Ich erinnere mich zum Beispiel lebhaft an die vielen Reisen des Abgeordneten Möllemann in diese Region. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf welchen Kongressen war er denn da?) Aus all dem hat sich ein Verständnis von Nahostpolitik geformt, das heute sehr genau definierbar ist, das im europäischen Kontext angesehen ist und für das der Außenminister mit seiner ganzen Persönlichkeit einsteht. Das ist überhaupt nicht zweifelhaft. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Noch eine Zusatzfrage und dann kommen wir zur zweiten dringlichen Frage. – Frau Kollegin Bonitz, bitte. Sylvia Bonitz (CDU/CSU): Herr Staatsminister, ich möchte auf das Zitat zurückkommen, das der Kollege von Klaeden dem „Spiegel“ vom Januar entnommen hat. Stimmen Sie mir zu, dass zwischen dem Zitat – ich nenne es hier noch einmal –: Fischer: Ich war 1966 auf einer völlig unpolitischen Tramp-Tour im Nahen Osten. Erst in den Neunzigerjahren bin ich wieder nach Israel und in die arabischen Länder gekommen: als Außenminister und dem späteren Eingeständnis des Außenministers, dass er 1969 in Algerien doch an einer PLO-Konferenz teilgenommen hat, ein Widerspruch liegt, den man gemeinhin so deuten würde, dass der Außenminister in dem „Spiegel“-Interview die Unwahrheit gesagt hat? Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Frau Bonitz, ich weiß nicht, ob der „Spiegel“ Sie schon jemals zu einem Redaktionsgespräch eingeladen hat. (Zuruf von der PDS: Vielleicht ab heute!) Sonst wüssten Sie, dass man dort nicht die Möglichkeit hat, den „Spiegel“-Redakteuren die eigene Lebensgeschichte zu erzählen, sondern dass der „Spiegel“ das Gesagte anschließend unter den Aspekten des Wahrheitsgehalts, aber auch der griffigen und prägnanten Formulierung zusammenfasst. (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Aber man autorisiert ein Interview! – Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Der Text wird Ihnen vorgelegt! – Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Das heißt, Sie können antworten, was Sie wollen, wenn der „Spiegel“ Sie etwas fragt!) Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Ich rufe nunmehr die dringliche Frage 2 des Kollegen von Klaeden auf: Kann Bundesminister Joseph Fischer ausschließen, dass er in dieser Zeit die damalige militante und für ihre Flugzeugentführungen berüchtigte Organisation PFLP des Arztes Dr. G. H. zumindest verbal unterstützt hat? Herr Staatsminister, Sie haben das Wort. Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Da die Bundesregierung nicht über Wortprotokolle aus den Jugendjahren von Bundesminister Fischer verfügt und Fragen wie diese nicht ernsthaft auf die tatsächliche Haltung von Bundesminister Fischer zu Israel und Palästina zielen, wie ich gerade erläutert habe, kann die Bundesregierung dazu keine Stellung nehmen. Im Übrigen, wenn ich mir die Frage noch einmal genau anschaue, sehe ich: Es gibt darin einen inhaltlichen Widerspruch zu den Vorwürfen, die Sie gerade erhoben haben. Sie können Herrn Fischer unterstellen, er habe entweder mit der PLO oder aber mit Habasch sympathisiert. Beides gleichzeitig geht aber nicht, da sie untereinander erheblich verfeindet waren. (Ludwig Stiegler [SPD]: So viel Unterscheidungsvermögen hat Herr von Klaeden nicht!) Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Eine Zusatzfrage des Kollegen von Klaeden. Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Herr Staatsminister, da ich zunächst keine Vorwürfe erhebe, sondern Fragen stelle und Sie gerade mitgeteilt haben, dass die Tatsache, dass Daniel Cohn-Bendit 1969 an einer PLO-Konferenz teilgenommen hat, dazu geführt haben muss, dass es auf dieser Konferenz keine antiisraelischen oder antizionistischen Äußerungen gab, würde ich sagen: Es ist bei der Logik, die Sie anwenden, durchaus angebracht, auch diese zweite Frage gestellt zu haben. (Detlev von Larcher [SPD]: Nur dumm und peinlich, Herr von Klaeden!) Jetzt zu meiner Zusatzfrage. Ist Ihnen bekannt oder kann sich der Außenminister noch daran erinnern, wie die damaligen Veranstalter dieser PLO-Unterstützerkonferenz in Algier auf den Namen des heutigen Bundesministers Joseph Fischer gekommen sind und wie damals die Ansprache und die Organisation der Reise erfolgten? (Lachen bei der SPD) Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Es war, wie gesagt, eine Reise des SDS. Der SDS hat die Delegation zusammengestellt. Wie das Prozedere war, weiß ich nicht. Ich weiß im Moment übrigens auch nicht, wer außer Fischer dabei war. Cohn-Bendit habe ich vorhin als Indiz dafür genannt, dass Fischer, der damals schon mit Cohn-Bendit befreundet war, mit Sicherheit nicht antijüdisch eingestellt war. Ob Cohn-Bendit an dieser Reise teilgenommen hat, entzieht sich im Moment meiner Kenntnis. Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Eine zweite Zusatzfrage. Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Es wird immer verwirrender. Trotzdem will ich die zweite Frage stellen: Herr Staatsminister, gab es nach der Unterstützungskonferenz in Algier Kontakte des heutigen Bundesministers des Auswärtigen, Joseph Fischer, zu palästinensischen Organisationen, die zum bewaffneten Kampf gegen Israel aufgerufen oder ihn durchgeführt haben? Oder gab es Kontakte zu Personen, die solchen Organisationen angehört haben? Und wie waren diese Kontakte gestaltet? Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Die Frage, welche Kontakte Joschka Fischer damals, in seiner Jugend, hatte, kann ich Ihnen nicht präzise beantworten. Ich kann Ihnen nur sagen, dass fast alle, die damals an den Universitäten oppositionelle Politik betrieben und sich dabei insbesondere um internationale Solidarität bemühten, engste Kontakte sowohl zu jüdischen als auch zu palästinensischen Bürgern und Organisationen hatten. Aus diesen Kontakten, die teilweise heute noch bestehen, erwuchsen fruchtbare Dialoge, die in eine Politik der Bundesregierung einmündeten, die heute von allen Seiten als konstruktiv empfunden wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Eine Frage des Kollegen Koppelin. (Detlev von Larcher [SPD]: Dass der Koppelin da mitmacht, nehme ich ihm richtig übel!) Jürgen Koppelin (F.D.P.): Herr Staatsminister, da hier verschiedene Beschlüsse angesprochen wurden, die damals in Algerien gefasst wurden, und Sie immer wieder ausweichen und sagen, das seien Jugendsünden – so will ich es einmal formulieren –, möchte ich fragen: Wie erklären Sie sich, dass jemand vom Bundesaußenminister im Planungsstab des Auswärtigen Amtes eingestellt wurde, nämlich Joscha Schmierer – „Joscha“ ist wohl ein erfundener Vorname –, (Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Hans-Gerhart heißt der wirklich!) der erst 1997 in der berühmten Zeitschrift „Kommune“, die Ihnen nicht unbekannt sein sollte, zu Kambodscha und Pol Pot sagte: Pol Pot kann sich sagen, dass die Vorsicht noch lange nicht ausreichend war; Hun Sen – das ist der jetzige Präsident in Kambodscha – und seine Anhänger hätten unschädlich gemacht werden müssen? – Finden Sie das richtig? Das passt doch zu dieser Geisteshaltung. Finden Sie es richtig, dass solche Leute erst vor zwei Jahren im Auswärtigen Amt eingestellt wurden? Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Koppelin, Sie haben genau zu diesem Komplex zwei ordentliche Fragen gestellt. Jetzt weiß ich nicht, ob ich das als Zusatzfrage zu dieser Frage auffassen oder im Zusammenhang mit dem eigentlichen Komplex beantworten soll. (Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Wie Sie möchten!) In der Tat: Im Auswärtigen Amt – das ist die Antwort auf Ihre Frage 41 – wurde Hans-Gerhart Schmierer eingestellt. Dieser ist als Europaexperte im Auswärtigen Amt aktiv und sehr angesehen. (Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Von wem?) Staatsminister Dr. Ludger Volmer Wenn der Außenminister in Frankreich als Europäer des Jahres geehrt wird und der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Karl Lamers, die Fairness und den Anstand besitzt, dem Außenminister dafür öffentlich zu gratulieren, dann erstreckt sich diese Gratulation auch auf Herrn Schmierer, der zum großen Teil die theoretische Konzeption erarbeitet hat. Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Eine Zusatzfrage des Kollegen Schockenhoff. Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU): Herr Staatsminister, Sie haben auf die erste Frage des Kollegen von Klaeden geantwortet, es sei bekannt, dass Bundesminister Fischer mit seinem Freund Cohn-Bendit zu dieser Konferenz gefahren sei. Auf die zweite Frage haben Sie geantwortet, es entziehe sich Ihrer Kenntnis, ob er mit seinem Freund Cohn-Bendit gereist sei. Welche von Ihren beiden Antworten war richtig und welche falsch? Können Sie ausschließen, dass Bundesminister Fischer auf dieser Konferenz das Wort ergriffen hat? Was hat er dort gesagt? (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf arabisch! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die zweite Zusatzfrage!) Können Sie ausschließen, dass sich Bundesminister Fischer nicht daran erinnern kann, wer die anderen Teilnehmer in der Delegation des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes waren? Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Ich bitte darum, dass jetzt wirklich kurze Fragen gestellt werden. Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Ich habe vorhin versucht, deutlich zu machen, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem die Reise stattfand, Joschka Fischer bereits mit Daniel Cohn-Bendit befreundet war und aufgrund der ständigen Diskussionen mit Cohn-Bendit, der jüdischer Herkunft ist, nie in die Gefahr geriet, sich grundsätzlich antijüdisch oder antiisraelisch zu positionieren. Ob Cohn-Bendit bei dieser Reise dabei war, weiß ich nicht. Ich kann das nicht ausschließen. Ich werde nachfragen und zu recherchieren versuchen, wer sonst noch bei dieser SDS-Reise dabei war. (Ludwig Stiegler [SPD]: Das sollen die doch selbst machen! Wieso müssen wir das machen?) Ansonsten gibt es über die Diskussion meines Wissens keine Protokolle. Wir jedenfalls haben keine Protokolle darüber, wie palästinensische Kongresse 1969 im Einzelnen diskutierten. Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Eine Zusatzfrage des Kollegen van Essen. Jörg van Essen (F.D.P.): Herr Staatsminister, könnten Sie, nachdem Sie bisher die klaren Fragen 41 und 42 des Kollegen Koppelin nicht beantwortet haben, bitte so freundlich sein, das jetzt zu tun? Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr van Essen, wenn der Herr Präsident diese Fragen aufruft, werde ich sie sofort beantworten. Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Es liegt im Ermessen des Staatsministers, ob er eine nicht als dringlich bezeichnete Frage jetzt oder später beantwortet. Der Staatsminister hat darauf geantwortet. Eine Zusatzfrage des Kollegen Uhl, und dann müssen wir gleich zu der Beantwortung der regulären Fragen überleiten. (Widerspruch bei Abgeordneten der [CDU/CSU]) – Ich kann es nicht ändern, aber wir müssen auch Rücksicht auf die anderen Kollegen nehmen. Auch sie haben ein Anrecht darauf, hier noch zu Wort zu kommen. (Beifall bei der SPD) Ich lasse noch eine Frage zu: Kollege Uhl. (Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Ich ziehe zurück!) – Kollege Uhl zieht seine Frage zurück. Dann kann Kollege Ramsauer noch eine Frage stellen. Das ist dann der Schlusspunkt, es sei denn, jemand aus der sozialdemokratischen Fraktion möchte noch eine Frage stellen. Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Herr Staatsminister, Sie haben gesagt, dass Fischer die Konferenz nach einer Stunde verlassen hat. (Erika Lotz [SPD]: Aus Langeweile!) Können Sie ausschließen, dass Fischer in der einen Stunde, die er teilgenommen hat – wenn auch vielleicht gelangweilt –, (Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: So sind Spontis!) selbst das Wort ergriffen hat? (Susanne Kastner [SPD]: Du lieber Gott! Was soll das jetzt?) Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Nach dem, was ich in Erfahrung gebracht habe, hat Fischer mit einigen Freunden des SDS diese Sitzung wegen erwiesener Langweiligkeit verlassen und sich stattdessen Algier angeschaut. (Detlev von Larcher [SPD]: Und wann war er auf der Toilette und mit wem und warum?) Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Damit verlassen wir den Komplex der dringlichen Fragen und damit zunächst auch Ihren Geschäftsbereich, Herr Staatsminister. Ich danke Ihnen. bundestagsprotokoll zur Fragestunde am 14.2.2001 Eine Fortsetzung der Fragerei fand am 7.3.2001 statt:
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