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Die Islamophobie-Debatte
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Lothar Galow-Bergemann/ Markus Mersault
(www.emanzipationundfrieden.de): Heutzutage verschanzen sich
häufig all jene hinter dem Islamophobie-Vorwurf, die ein
Kritikverbot bezüglich der Religion oder religiöser Praxen
aufstellen wollen. Wir halten es - gerade auch im Hinblick auf
Djihadismus und islamistischen Gottesstaat -
lieber mit Karl Marx: „Die Kritik der Religion
endet mit der Lehre, dass der Mensch das höchste Wesen für den
Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle
Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes,
ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen sei.“
Wo dieser Anspruch als westlicher
Rassismus gebrandmarkt wird, haben sich Linke aufgegeben.
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Die
Erfindung der Islamophobie. Von Pascal
Bruckner (perlentaucher,
13.12.2010).
Kritik an Religion ist nicht Rassismus. Der Begriff will
einschüchtern. Vor allem aber will er all jene Muslime zum Schweigen
bringen, die den Koran in Frage stellen und die Gleichheit der
Geschlechter fordern.
Ende der siebziger Jahre haben iranische Fundamentalisten den
Begriff der Islamophobie erfunden, den sie sich von der "Xenophobie"
abgepaust haben. Sein Ziel ist, den Islam zu etwas Unantastbarem zu
erklären. Wer diese neu gesetzte Grenze überschreitet, gilt als
Rassist. Dieser einer totalitären Propaganda würdige Begriff lässt
absichtlich offen, ob er auf eine Religion zielt, ein
Glaubenssystem, oder auf die Gläubigen aller Herren Länder, die ihr
angehören. Aber ein
Bekenntnis lässt sich so wenig mit einer Rasse gleichsetzen wie eine
säkulare Ideologie.
Eines jener
semantischen Hackebeile. Von Pascal
Bruckner
(perlentaucher,
04.01.2011).
Islamophobie: Ein einfaches Wort übt einen schweren Druck aus. Man
muss es schon deshalb zurückweisen, weil es eine moralische
Erpressung im Sinn hat. "Wer
Dinge falsch benennt, trägt zum Unheil in der Welt bei", sagteAlbert
Camus. Darum bleibe ich dabei, dass das Wort "Islamophobie",
strikt betrachtet, ebenso wenig Sinn hat wie "Christianophobie" oder
"Buddhophobie" oder "Atheophobie"....
Islamische
Fundamentalisten, denen daran liegt, die Blasphemie wieder zum
Verbrechen zu erklären, haben Ende der siebziger Jahre den Begriff
der "Islamophobie" erfunden, um die geringste Kritik an ihren
religiösen Lehren mit Rassismus gleichzusetzen. ...
Alle neuen Konfessionen, die nach Europa gelangten -
Buddhismus, Hinduismus, Konfuzianismus, die Religion der Sikhs,
passten sich diesem Spiel des Pluralismus mehr oder weniger gutmütig
an. Der radikale Islam hat diesen stillschweigenden Pakt nach 1979
gebrochen, denn er akzeptiert den Laizismus nicht, sondern fordert
Sonderrechte für seine Gläubigen, geißelt die Freiheit der Frauen,
zwingt sie zum Schleier, verspricht Homsexuellen die Hölle, möchte
Geschlechtertrennung in Krankenhäusern, an Stränden und in
Schwimmbädern.... Islamophobie: Ein einfaches Wort übt einen
schweren Druck aus. Man muss es schon deshalb zurückweisen, weil es
ein ganzes Wertesystem mit sich schleppt, die Vorherrschaft der
Sektierer begründet und eine unerträgliche Erpressung versucht.
Islamophobie
- Parallele in den Abgrund. Von Thomas
von der Osten-Sacken, Oliver
M. Piecha
(perlentaucher,
03.01.2011).
Islamistische Lobbies haben den Begriff der "Islamophobie"
konstruiert, um ihn mit dem des Antisemitismus zu parallelisieren.
Westliche Intellektuelle machen sich zu Nachbetern dieser Ideologie.
...
Der potenziell beleidigte Muslim schafft politischen Mehrwert. Der
real verfolgte Christ nicht. Interessanterweise spricht niemand -
und schon gar nicht die Entdecker der "Islamophobie" - von, sagen
wir, Christophobie. Immerhin sind Christen weltweit
die am meisten bedrängte religiöse Gruppe (mit Ausnahme der Bahais
im Iran). Verfolgt und diskriminiert vor allem, aber nicht nur, in
sehr vielen muslimischen Ländern. Ein Zufall? ...
Die
"Islamophobie" soll keinesfalls nur als ein Rassismus unter anderen
erscheinen. Nein, sie muss gleich ganz wo anders verankert werden,
denn wer sie nicht irgendwie mit
Antisemitismus vergleicht,
in Verbindung bringt oder doch zumindest abgrenzt, hat die
Spielregeln nicht verstanden...
Vergleichen wir noch einmal kurz: Wo waren sie eigentlich damals,
1871ff. die jüdischen Mächte und Pressure Groups? Wer hat je von
lautstarken jüdischen Forderungen nach kultureller Sensibilität der
jüdischen Kultur gegenüber gehört, der sich die Nichtjuden notfalls
eben anzupassen hätten? Von Forderungen zumindest einzelner Rabbis
nach jüdischer Weltherrschaft?
Nun, Vorstellungen davon waren durchaus existent - in den Köpfen
der Antisemiten, das ist der Witz dabei. Tatsächlich wollten
sich die Juden in Deutschland nachgerade verzweifelt assimilieren.
Aber das hat den Antisemiten nie interessiert. Der Jude sollte sich
nicht integrieren. Er sollte aus Prinzip verschwinden. Das hat mit
"Vorurteilen" rein gar nichts zu tun. Und
hier schließt sich der Kreis; je drängender auf "Islamophobie" als
neuer Realität insistiert wird, desto "normaler" erscheint zugleich
der Antisemitismus. Die "Dialektik der Aufklärung" wird dem
Vergessen anheim gegeben.
Die Islamophobie und ihre Kritiker.
Von: Alan Posener
(http://starke-meinungen.de,
14. Dezember 2010 ).
Das Argument, Islamisten hätten den Begriff erfunden, um die Kritik
am Islam in die krankhafte Ecke (eine Phobie ist eine irrationale
Angst) zu drängen, mag richtig oder falsch sein. Es ist irrelevant.
Der Begriff „Antisemitismus“ ist ja auch von Reaktionären erfunden
worden, um ihrem vom christlichen Antijudaismus übernommenen
Judenhass einen „wissenschaftlichen“ Anstrich zu geben. Tatsächlich
hatten die „Antisemiten“ nie etwas gegen andere semitische Völker
(etwa die Araber) einzuwenden, und ihr Hass richtete sich gegen eine
Gruppe, die (Thilo Sarrazin und seinem „Judengen“ zum Trotz)
genetisch zu den am wenigsten homogenen der Welt zählte und zählt. ...
Nennen wir das Kind, wie wir wollen: Es gibt eine Form der
Islam-Kritik, die über den Begriff der „islamischen Kultur“ oder
„islamisch geprägten Kultur“ und ihrer Abgrenzung von der
„christlich-jüdischen Leitkultur“ dabei ist, die Vorstellung von
Bürgern verschiedener Güteklasse zu etablieren. Getrieben wird sie
von einer der McCarthy’schen Kommunisten-Hysterie vergleichbaren
irrationalen Angst, die ich „Islamophobie“ nenne.
Falsche
Alternativen. Von Floris
Biskamp
(perlentaucher,
04.01.2011).
Es ist ebenso falsch, das Ressentiment gegen den Islam zu
verleugnen, wie es falsch ist, jede Kritik an islamischen
Autoritarismen als islamfeindlich zu delegitimieren....
Statt die Probleme mit dem Islam oder mit ressentimentgeladenen
Islamdarstellungen zu benennen und zu diskutieren, wird über den
Gebrauch des einen
Wortes gestritten,
als ginge von diesem eine Zauberkraft aus. Im Grunde ist es aber
egal, ob die Sache als "Islamophobie", "Islamfeindlichkeit",
"antimuslimischer Rassismus", "Feindbild Islam" oder "Muselgrusel"
bezeichnet wird.... Das Ressentiment brachte zuletzt eine ganze
Reihe von Gewalttaten hervor. Zwar richteten sich diese vor
allem gegen Moscheen und Friedhöfe, doch ist klar, dass Muslime
gemeint sind, wenn Symbole ihrer Religion in Brand gesteckt werden.
Genauso real wie der autoritäre Hass gegen den Islam sind aber die
autoritären Strömungen im Islam. Dadurch, dass vom Ressentiment
getriebene Islamfeinde einen Brandanschlag auf die Al-Nur-Moschee in
Neukölln verüben, wie es im letzten Herbst geschah, wird das, was
die Prediger darin zum Besten geben, nicht weniger reaktionär und
ablehnenswert. ... Dabei geht es nicht nur um den offen
gewalttätigen und totalitären Djihadismus eines Osama bin-Laden,
sondern auch um den Salafismus, der will, dass die Gläubigen
genau so leben, wie es Mohammeds Gefährten vor 1400 Jahren in der
arabischen Wüste taten. Es geht um die islamische Orthodoxie, die
sich weigert, den Koran als historisches
Dokument zu lesen,
und die das irdische Leben von religiösen Gesetzen beherrscht wissen
will, sowie um alle politischen Bewegungen, die im Islam "die
Lösung" erblicken und diese dann parlamentarisch oder
außerparlamentarisch herbeiführen wollen. Es geht um alle
Literalisten und Fundamentalisten, die den Verstand nur zur
Textinterpretation nutzen, aber das Denken verabscheuen, und es geht
um den traditionsorientierten Volksislam, mit seiner
Männerherrschaft und seinen nicht im Koran verankerten, aber von den
Gläubigen doch als islamische Praktiken verstandenen und vollzogenen
Ehrenmorden und Zwangsheiraten. ...
Nicht nur machen sich konservativ-islamische und
islamistische Akteure die Debatten über antiislamisches Ressentiment
zunutze, um Kritik abzuwehren, auch sind die meisten in der Akademie
verbreiteten Begriffsdefinitionen so gefasst, dass sie nicht
geeignet sind, eine Kritik
autoritärer islamischer Religiositäten vom
schieren Ressentiment zu scheiden. Beispielsweise verlangt die noch
heute genutzte Definition des Runnymede
Trust aus dem Jahr
1997 (hier als pdf-Dokument),
den Islam insgesamt als "diverse and progressive" sowie als "actual
or potential partner" zu betrachten. Aus der Kritik der "Islamophobie"
resultieren so effektiv ein Kritikverbot und die Forderung nach "Islamophilie".
Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für
Antisemitismusforschung, meint, die "Wut der neuen Muslimfeinde
gleicht dem alten Zorn der Antisemiten gegen die Juden". Dabei
verwischt er die Unterschiede, deren wichtigster darin liegt, dass
sich der Antisemitismus gegenüber anderen Vorurteilen und
Ressentiments dadurch abhebt, dass er zugleich als Erklärung allen
Ungemachs und aller Krisen der modernen Gesellschaft dient, die dann
wiederum an den Juden gestraft werden sollen - in letzter Konsequenz
durch Vernichtung. Ähnliches
wurde zwar jüngst auch vom antiislamischen Ressentiment behauptet,
doch ist dies empirisch einfach nicht haltbar. Auch die
phantasiereichsten und verbohrtesten Islamfeinde versuchten nicht,
Muslimen die Schuld für die jüngste Wirtschaftskrise in die Schuhe
zu schieben - Juden widerfuhr dies sehr wohl.
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