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Kulturalismus oder Aufklärung?
Autoritarismus oder Freiheit? Mief oder Luft?
Kultur
als politische Ideologie
Von Jens-Martin
Eriksen , Frederik
Stjernfelt
(perlentaucher,
26.10.2010)
Der Kulturalismus der heutigen Linken speist sich stark aus
anti-imperialistischen Diskursen. Aber wer so denkt, spielt
nicht nur einer reaktionären Haltung im Islam, sondern auch
einer Politik des "Teile und Herrsche" in die Hände.
Die Kontroverse über den Multikulturalismus hat die politischen
Frontverläufe verändert. Die Linke verteidigt den Respekt vor
Minderheitskulturen, während die Rechte als Hüterin der
Nationalkultur auftritt. Doch diese beiden Positionen bilden
lediglich zwei Spielarten einer kulturalistischen Ideologie. ...
Der eigentliche Konflikt besteht zwischen Aufklärung und Kulturalismus -
zwischen der Demokratie, dem politischem Liberalismus, den
Rechten des Individuums, dem Universalismus und der Aufklärung
auf der einen Seite und der unaufgeklärten Bewahrung von Kultur,
Tradition und Authentizität sowie dem konservativen Glauben, das
Individuum sei schicksalhaft an eine bestimmte Kultur gebunden,
auf der anderen Seite. ... Der
Kulturalismus in seiner politischen und linken Erscheinungsform
ist keineswegs ein neues Phänomen. Er betrat erstmals 1947 die
Weltbühne, als amerikanische Anthropologen versuchten, die Menschenrechtscharta der
Vereinten Nationen zu
desavouieren. Sie weigerten sich zu akzeptieren, dass es
möglich sei, universelle Menschenrechte zu postulieren. Ihr
Argument: Damit würden einzelne Kulturen unterdrückt. Damals
jedoch war die westliche Linke - ob in ihrer kommunistischen,
sozialdemokratischen oder sozialliberalen Variante - so stark
international orientiert, dass der Kulturalismus noch unter der
Oberfläche gehalten werden konnte. ...
Der Kulturalismus ist eine Art anthropologische
Gegenrevolution, die den Marxismus auf den Kopf stellt. ...
MANFRED DAHLMANN:
Kultur
ist Zwang.
Der
Begriff von einer kulturellen Identität ist von Grund auf
reaktionär. Solidarität mit Flüchtlingen kann daher nur
antirassistisch sein, wenn sie antikulturalistisch ist.
(Jungle world 50,
16.12.10)
Jeder
Flüchtling jedenfalls, der die Grenzen der Festungen Europa und USA
unter Einsatz seines Lebens und ohne begründete Aussicht auf Erfolg
zu überwinden versucht, beweist praktisch, dass er lieber unter den
Bedingungen formaler Freiheit und Gleichheit sowie in Konkurrenz zu
allen Anderen leben will als in de »Kultur«, aus der er stammt und
die ihm inhaltlich vorgibt, wie er zu leben hat.
Manfred Dahlmann:
Soziale Amnesie -
Worum geht es in der “Integrationsdebatte“?
Die Vernunft kennt keine Kompromisse, in der Tat:
der Menschheit muß es gelingen, ohne Souveränität – und kulturelle
Abhängigkeiten erst recht – auszukommen. (ISF, Langfassung
von „Kultur ist Zwang“)
Der
Kulturalismus ist eine entschieden reaktionäre Kraft
Jungle World Nr. 48, 2. Dezember 2010
IVO BOZIC: Frederik Stjernfelt im Gespräch
über Aufklärung, rechte Nationalkultur und linken
Multikulturalismus
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