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Zwischen Ressentiment und Heldenmythos
Vorbemerkung
Wer heute von den Verflechtungen Deutschlands mit der jüngeren
Geschichte Palästinas/Israels spricht, denkt häufig ausschliesslich an
jenen dialektischen Prozess jüdisch-zionistischer Staatswerdung, der
sich erst im Schatten der Shoah als geschichtsmächtig erweisen sollte.
Bezugspunkte, die auf die arabisch-palästinensische Seite verweisen,
scheinen auf den ersten Blick rar zu sein. Dabei markieren die
Jerusalem-Visite von Kaiser Wilhelm II. im Jahre 1898, das zweifelhafte
Zweckbündnis des Jerusalemer Muftis Amin al-Husaini mit dem NS-Regime in
den Jahren 1941 bis 1945 sowie langjährige Aktivitäten orientpolitischer
Freundschaftsgesellschaften nur unvollständig die schillernden Wurzeln
jener deutsch-arabischen Beziehungsgeschichte, deren
politisch-psychologischer Fokus nicht zuletzt das Verhältnis der
Deutschen zu den Palästina-Arabern betrifft.
Die in Palästina/Israel wohnenden Araber - "Palästinenser", wie wir
sie heute zu nennen pflegen - tauchen in der Berichterstattung deutscher
Medien bis weit in die sechziger Jahre als eine vergleichsweise Quantité
négligeable auf. Auch Publikationen, die der politischen Linken
zugerechnet werden, können retrospektiv von dieser Einschätzung nicht
ausgenommen werden. Dies gilt, obwohl der Linken gemeinhin bescheinigt
wird, für die Probleme und Anliegen von Minderheiten in besonderem Masse
sensibilisiert zu sein. Im folgenden Beitrag soll der Versuch
unternommen werden, jenen Spuren in linken Publikationen nachzugehen,
die Aufschlüsse über Kontinuitäten, Entwicklungen und mögliche
Bruchstellen in den jeweiligen Wahrnehmungen von Palästinensern erlauben.
Einen Schwerpunkt der Untersuchung wird die Frage bilden, welches
Palästinenserbild der "neulinken"
[1] Medienlandschaft nach 1967 prägend
geworden ist. Mentalitätsgeschichtlich besonders aufschlussreich dürfte
die Nachzeichnung jener Phase sein, in der die gegen Israel kämpfenden
palästinensischen Fedajin[2] vorübergehend zu
Publikumslieblingen linksradikaler Antizionisten wurden. Die Auswertung
vornehmlich neulinker Primär- und Sekundärquellen wird die Basis für
eine historisch-politisch orientierte Deutung abgeben, die in
ideologiekritischer Intention auch sozialpsychologische Hintergründe
widersprüchlicher Wahrnehmungsprozesse aufzeigen soll. Dass das
Palästinenserbild "altlinker", d.h. sozialdemokratischer und
realkommunistischer Strömungen vernachlässigt werden musste, hängt mit
der spezifischen Fokussierung dieser Untersuchung zusammen; doch ist zum
besseren Verständnis der skizzierten Palästinenserbilder bei Bedarf der
zeitgeschichtliche und nahostpolitische Kontext eingearbeitet worden.
Palästina-Araber und die deutsche Linke
Schlaglichter zum Proisraelismus der Nachkriegzeit (1945-1959)
Soweit die Palästina-Araber als Gegenüber überhaupt registriert
wurden ist ihnen seit Anfang dieses Jahrhunderts lange Zeit auch von
linken Publizisten bestenfalls wohlmeinender, sich folkloristisch
gerierender Paternalismus, häufig aber auch koloniales Ressentiment
entgegengebracht worden. Erst recht hat es in Deutschland - unmittelbar
nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes - zunächst kein Interesse an einer
Auseinandersetzung mit nahostpolitischen Themen gegeben. Die inmitten
der Trümmer sich reorganisierenden Überreste der politischen Linken
waren ebenso wie die meisten anderen Deutschen in erster Linie an Fragen
des täglichen physischen Überlebens und am Wiederaufbau des eigenen
Landes interessiert. In Anbetracht der zurückliegenden Massenverbrechen
beschränkte sich ihr aussenpolitischer Horizont einstweilen auf die
ungesicherten Perspektiven Deutschlands in Europa. Erst im zeitlichen
Vorfeld der zionistischen Staatsgründung rückte auch das Thema "Palästina"
allmählich in den Blick sozialistisch orientierter Beobachter. Als
Beispiel mag an dieser Stelle die 1946 in Ost-Berlin neu edierte
Wochenzeitschrift "Die Weltbühne" stehen: Sie begann ihre Leser im
Zusammenhang mit dem UN-Teilungsbeschluss vom November 1947 ausführlich
über die Hintergründe des jüdisch-arabischen Konfliktes zu informieren.
In ihrer inhaltlichen Konzeption waren die Beiträge durchaus
vergleichbar mit den publizistischen Akzenten "westlicher" Linker. Von
Mai 1947 bis Anfang 1949, als die Sowjetunion aus in erster Linie
geopolitischen Gründen eine zionismusfreundliche Aussenpolitik betrieb,[3] setzte sich auch "Die Weltbühne"
energisch für eine Zweistaatenlösung in Palästina ein.[4] Angesichts der jüdischen
Leidensgeschichte wurden die zionistischen Ansprüche im britischen
Mandatsgebiet als kompensatorischer Akt historischer Gerechtigkeit
begriffen,[5] denen im Hinblick auf die "sozialistischen
Bestrebungen seiner Arbeiterbewegung [...] die Sympathien und die
tatkräftige Hilfe aller fortschrittlichen Kräfte" gelten müsse.[6] Araber erfuhren in der "Weltbühne"
eine überwiegend negative Charakterisierung: Seit 1933 durch nazistische
"Agenten" aufgehetzt, würden die "arabischen Feudalen" "nationalistische
Leidenschaften" entfachen und sich jeder Kompromisslösung widersetzen.[7] Gegen die jüdischen "Freiheitskämpfer
der Haganah" habe sich eine unheilige Allianz aus arabischen Potentaten,
deutsch-faschistischen Legionären und britischen Militärs gebildet, die
das jüdische Gemeinwesen existentiell bedrohten.[8] Zu diesen "Meuchelmördern"
gesellten sich noch immer einzelne Repräsentanten der palästinensischen
Araber wie der "Grossmufti von Jerusalem" oder auch der "Freischärler
Hassan Salama", die mit den Nazis gemeinsame Sache gemacht hätten.
Ansonsten, so betonten die Autoren der "Weltbühne", verhalte sich die
politisch unorganisierte arabische Bevölkerung Palästinas durchweg
pragmatisch, stehe "den Treibereien Abdullahs [des transjordanischen
Königs] völlig fern" und sei durchaus zu einer friedlichen Koexistenz "mit
ihren jüdischen Nachbarn" bereit. Erst durch äussere Einmischung und
Steuerung - etwa in Form finanzieller Hilfen durch bestimmte "Araberhäuptlinge"
- habe überhaupt erst ein antizionistisches "Befreiungskomitee" aus
Palästina-Arabern entstehen können.[9]
Die Durchsicht von Nahost-Publikationen auch der westdeutschen
Linken in der Nachkriegszeit zeigt, dass die Palästina-Araber zunächst
ausserhalb des Interesses standen. Lediglich Randbemerkungen lassen sich
vereinzelt finden wie jene, wonach die Araber Palästina über die
Jahrhunderte - wie es vorwurfsvoll hiess - "verfallen liessen".[10] Von Schuldgefühlen geprägte
Versöhnungsappelle an die Judenheit und den Staat Israel, die
Unterstützung materieller Reparationsleistungen an die überlebenden
Opfer der Shoah und den jüdischen Staat sowie das Engagement für die
Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel bildeten die zentralen
Bezugspunkte nahostpolitischer Reflexionen in der Linken. Wenn der
jüdisch-arabische Konflikt überhaupt thematisiert wurde, dann so, als
handele es sich dabei ausschliesslich um eine Auseinandersetzung
zwlschen Israel und seinen arabischen Nachbarstaaten.[11] Zudem erweckten linke
Nahost-Beobachter den Eindruck, der Konflikt zwischen Israel und den
Arabern beruhe im Grunde auf einem gigantischen Missverständnis, in der
die arabische Seite sich als unfähig erweise, ihr "wahres Interesse" zu
erkennen. "Es ist nicht das nationale Interesse der Araber, das sie zu
Todfeinden Israels macht", betonte der linkskatholische Publizist Walter
Dirks, "sondern der blinde nationalistische Affekt."[12]
Wendezeichen: Zur publizistischen "Entdeckung" der Palästina-Araber
(1960-1967)
Erst Anfang der sechziger Jahre - nachdem der Höhepunkt einer
philosemitisch motivierten Pro-Israel-Welle in der Linken wieder
abgeklungen war - wurde allmählich den Palästina-Arabern publizistische
Aufmerksamkeit gezollt. Bemerkenswert ist, dass sich das
Meinungsspektrum bereits zu diesem Zeitpunkt innerhalb jenes
argumentativen Dreiecks bewegte, das noch heute die Auseinandersetzungen
um Palästina/Israel bestimmt:
a) Mehrheitlich altlinke Akteure beschränkten sich in schlichter
Weise auf die Reproduktion zionistischer Rechtfertigungsstrategien,
wonach der jüdische Staat einen potentiell wichtigen Beitrag zur
sozio-ökonomischen Entwicklung der gesamten Nahostregion leisten könne;
schon heute verfügten die in Israel lebenden Araber über einen höheren
Lebensstandard als ihre Landsleute in den arabischen Nachbarstaaten.[13]
b) Weniger apologetisch nahmen sich die sorgenvollen Überlegungen
jener studentischen Israel-Aktivisten aus, die im Rahmen erster
Begegnungen mit dialogbereiten Kibbuzniks en passant auch auf das "Araberproblem"
stiessen. Lakonisch heisst es in einem Erfahrungsbericht von Lutz
Niethammer: "Wir stellten unsere Fragen, über die Sache mit den Arabern
meist, traurige oder aggressive Fragen [...], worauf er [der israelische
Gesprächspartner] uns nur die Antwort vom Drang übler Notwendigkeiten
geben konnte."[14]
c) Schliesslich muss der Befund überraschen, dass bereits 1960 ein
längerer Beitrag in einer ansonsten israelfreundlichen Zeitschrift
erschien, in der die prekäre Lage der Palästina-Araber zur Legitimierung
antiisraelischer Ressentiments missbraucht und schliesslich gar die
Existenz des Judenstaates zur Disposition gestellt wurde.[15]
Für die radikale studentische Linke, die sich in den frühen
sechziger Jahren zu konstituieren begann, hielt Israel als Heimstätte
überlebender jüdischer Opfer der Shoah zunächst überaus positiv besetzte
Identifikationsmöglichkeiten bereit. Der jüdische Staat, der tendenziell
Ideen eines zionistisch grundierten Sozialismus zu verwirklichen suchte,
erschien in seinem bunten gesellschaftlichen Experimentcharakter als
eine praktische Bestätigung linker Restaurationskritik gegenüber der
bürgerlichen Bundesrepublik.
Dennoch konnte bald die Linke nicht mehr umhin, sich im Rahmen
ihres Israel-Engagements auch der Tragödie der anhaltenden
jüdisch-arabischen Fehde zu stellen: Symptomatisch für die tastenden
Versuche einer Einbeziehung auch der arabischen Komponente war ein
Vortrag des evangelischen Theologen Helmut Gollwitzer. Am 24. Juni 1963
anlässlich einer Veranstaltung zum 15. Jahrestag der israelischen
Staatsgründung sprach Gollwitzer vor der Deutsch-Israelischen
Studiengruppe an der Freien Universität Berlin über das Thema "Der Staat
Israel und die Araber". Über weite Teile seines Vortrags erweckte auch
Gollwitzer den Eindruck, als sei der Streit um das Land zwischen
Mittelmeer und Jordan im Wesentlichen eine Auseinandersetzung zwischen
staatlichen - arabischen und israelischen - Akteuren. Erst zum Schluss
ging er ausführlich auch auf das arabisch-palästinensische "Flüchtlingsproblem"
und die Rolle der "Araber in Israel" ein. Dass der Nahostkonfiikt im
Kern von einem Kampf der zwei in Palästina/Israel lebenden Völker um das
Eine Land bestimmt werde, schimmerten in Gollwitzers Schlussbemerkungen
zur Instrumentalisierung der Flüchtlinge "als Hauptagitationspunkt der
arabischen Propaganda" schon einmal schemenhaft durch.[16] In einer 1964 veröffentlichten
Materialsammlung des Verbandes Deutscher Studenten (VDS) zu "Deutschland
und Israel" erschien das "Flüchtlingsproblem" der Palästina-Araber sogar
als eine der zentralen "Belastungen" des deutsch-israelischen
Verhältnisses. Wenn auch das vorrangige Interesse der Aufnahme
bilateraler diplomatischer Beziehungen galt, so leitete doch ihr
Herausgeber, der Berliner VDS-Landesvorsitzende Heinrich Kerlen, die
Publikation mit einigen Reflexionen über "Palästina" ein. Wie schon
Gollwitzer analysierte auch Kerlen den Konflikt vornehmlich unter
zwischenstaatlichen Gesichtspunkten, machte aber zugleich keinen Hehl
aus seiner Überzeugung, wonach "das brennendste Problem in der
Palästina-Frage zweifellos das Flüchtlingsproblem [ist]."[17]
Zwei Ereignisse zeigten ab Mitte der sechziger Jahre an, dass die
bundesdeutsche Linke der strukturellen Voraussetzungen ihres
Pro-Israel-Engagements verlustig zu gehen drohte:
1. Nach einer Kette demütigender Niederlagen der arabischen Seite
im kompromisslosen Kampf gegen Israel waren die Palästina-Araber nicht
mehr länger bereit, ihr Schicksal in die Hände ihrer arabischen "Brüder"
zu legen: 1964 gründeten in Kairo Vertreter verschiedener politischer
Strömungen die "Palästinensische Befreiungsorganisation" (PLO)[18], die als Dachorganisation der
palästinensischen Nationalbewegung, als eine unverwechselbare Stimme im
Chor der arabischen Frontstaaten in Erscheinung treten sollte.
2. Die erst 1965 herbeigeführten diplomatischen Beziehungen der
Bundesrepublik zu Israel bewirkten in der studentischen Neuen Linken
eine Identitätskrise ganz eigener Art. Anders als die "herkömmliche"
sozialdemokratisch geprägte Linke glaubten die studentischen Israel-Aktivisten
jetzt, der historisch exklusiven Rolle des Pioniers einer solidarischen
Aussenpolitik gegenüber Israel beraubt worden zu sein. Die amtliche
Bonner Kehrtwende erlaubte es ihnen nicht mehr, proisraelisches
Engagement mit einer kritischen Auseinandersetzung mit der
bundesdeutschen Gesellschaftswirklichkeit zu verbinden.[19]
Sowohl die innerpalästinensische Selbstorganisation als auch die "Normalisierung"
der deutsch-israelischen Beziehungen bereiteten den geistigen Nährboden
dafür, dass die studentische Neue Linke grundlegende Prämissen ihres
nahostpolitischen Engagements zu überdenken begann. Der Prozess einer
Entfremdung von der israelischen und einer politischen Annäherung an die
palästinensische Seite war damit vorgezeichnet; veränderte
Akzentsetzungen in der linken Medienlandschaft rückten als die
auffälligsten Indikatoren ins Blickfeld.
Antizionismus und Propalästinensismus als Weltanschauung
(1967-1979)
Etappen eines neulinken Paradigmenwechsels
Für einen Grossteil der studentischen Neuen Linken löste der
nahöstliche Sechstagekrieg vom Juni 1967 eine radikale israelpolitische
Zäsur, mitunter sogar einen biographischen Bruch aus: Der jüdische Staat
- militärisch erfolgreich gegenüber einer von der Sowjetunion
ausgerüsteten quantitativen Übermacht arabischer Staaten - war jetzt
endgültig ein Teil des Westens geworden. Israel vermochte durch den
Krieg buchstäblich über Nacht die Sympathien bürgerlich-konservativer
Kreise auf sich zu ziehen. "Wenn Springer für Israel ist, können wir nur
dagegen sein", schlussfolgerten Anhänger der aufkommenden
Studentenbewegung. In dieser innenpolitischen Konstellation wurde der
einst als progressiv begriffene jüdische Pionierstaat nun beinahe
ausschliesslich als "Brückenkopf des US-Imperialismus" in Arabien
wahrgenommen. Zudem warteten die der Studentenbewegung nahestehenden
Medien schon kurz nach dem Junikrieg mit immer gröber gezeichneten
Schreckensmeldungen über eine angeblich bedenkenlos brutale
Kriegsführung der Israelis auf. Arabische Kriegspläne, die eine
Vernichtung Israels implizierten, gerieten in den Hintergrund und lösten
kaum mehr differenzierte Reflexionen aus.[20] Etappenweise lässt sich ein
Positionswandel beobachten, der spätestens 1969 vollends zu einer
antizionistischen, israelfeindlichen Haltung führte.[21]
Die israelkritische Linke stand 1967 zunächst noch weitgehend in
der Tradition jener Nahost-Beobachter, die auf der israelischen
Gegenseite lediglich eine arabische Staatenwelt, kaum aber die
Palästina-Araber als ein spezifisches Völkerrechtssubjekt ausmachten.
Die "Gesamtinteressen" der Linken, so formulierte es Anfang Juni 1967
prototypisch der Marburger Politikwissenschaftler Wolfgang Abendroth,
stimmen "stärker mit denen der arabischen Staaten [...] als mit den
Interessen Israels" überein.[22] Aber bereits im September 1967,
als der "Sozialistische Deutsche Studentenverband" (SDS) als erste
Organisation einen radikal antizionistischen Kurswechsel vorgenommen
hatte, überraschte der Verband mit einer palästinenserzentrierten
Blickrichtung: "Zionistische Kolonisierung Palästinas hiess und heisst
bis heute: Vertreibung und Unterdrückung der dort lebenden eingeborenen
arabischen Bevölkerung durch eine privilegierte Siedlerschicht."[23]
In der Folgezeit richteten studentische Linke ihr nahostpolitisches
Interesse immer stärker auf die Palästina-Araber. Mochte die zunächst
noch rüde artikulierte chauvinistische Rhetorik der PLO in der linken
Öffentlichkeit Skepsis oder sogar Abscheu hervorrufen,[24] so stiess der 1968 von einzelnen
palästinensischen Organisationen forcierte Linksruck des Dachverbandes
bald auf wachsende Sympathien. Eine PLO, die sich vor dem Hintergrund
eines marxistisch-leninistisch getönten Selbstverständnisses als ein
integrales Glied in die Kette sozialrevolutionärer Befreiungsbewegungen
der Dritten Welt einzureihen anschickte, indem sie ihren
antizionistischen Kampf mit einer imperialismustheoretischen
Legitimation versah, konnte sich der Zustimmung neulinker
Internationalisten gewiss sein. Waren gemäss der neomarxistischen
Theorie die marginalisierten Massen der Dritten Welt als die neuen
Subjekte chiliastisch erwarteter weltweiter Emanzipationsprozesse
ausgemacht, schien der Kampf der palästinensischen "underdogs" gegen die
nunmehr offen vom US-Imperialismus unterstützten Israelis keine
kritischen Anfragen mehr zuzulassen. Ob in Algerien, Vietnam,
Lateinamerika oder in Palästina: In das theoretische Korsett des
Antiimperialismus eingezwängt, traten die historischen Besonderheiten
und Widersprüche der einzelnen Konfliktgebiete zugunsten antikolonialer
"Eindeutigkeit" zurück.[25] Beeindruckt von der militärischen
Schlagkraft palästinensischer Fedajin, die am 21. März 1968 in der
sogenannten Schlacht von Al Karamah an der jordanisch-israelischen
Demarkationslinie Einheiten der israelischen Streitkräfte empfindliche
Verluste beigebracht und auf diese Weise - wenigstens für ein paar
Stunden - die verletzte arabische "Würde" wiederhergestellt hatten,[26] verloren weite Teile der Neuen
Linken ihre letzten Hemmungen gegenüber der vorbehaltlosen
Identifikation mit einem zunehmend mythisch verklärten palästinensischen
"Volksbefreiungskrieg". Die von der PLO nach dem Muster anderer
nationaler Befreiungsbewegungen erprobte Strategie, ihren Kampf im
Vertrauen auf die eigene Stärke aufzunehmen - notfalls auch gegen die
Interessen der arabischen Staatenwelt -, büsste ungeachtet der Weigerung,
das Heimat und Selbstbestimmungsrecht der jüdisch-israelischen Nation
auch nur ansatzweise anzuerkennen,[27]
nichts von ihrer Faszination ein. Vor diesem Hintergrund war das
nahostpolitische Engagement "progressiver" Aktivisten bald nicht mehr
durch Studien und Arbeitsaufenthalte in Israel, sondern durch
Informationsreisen in den Libanon oder nach Jordanien gekennzeichnet.
Linke Publizisten begannen ein Palästinenserbild zu zeichnen, das mehr
und mehr von der unkritischen Übernahme heroischer Selbstdarstellungen
palästinensischer Kampforganisationen bestimmt wurde.
Studenten christlicher Provenienz innerhalb der Neuen deutschen
Linken bildeten die Vorhut des propalästinensischen Paradigmenwechsels.
So unterstützten und verteidigten die deutschen Vertreter eines
internationalen Nahost-Seminars des "christlichen Studentenweltbundes"
(WSCF) eine das Existenzrecht Israels negierende Erklärung, die im Mai
1968 im Beirut verabschiedet worden war.[28] Im Oktober 1968 - nach der
Rückkehr von einem Besuch palästinensischer Einrichtungen in Jordanien -
pries der Bochumer Nachwuchs-Theologe Hans-Jürgen Benedict die grösste
palästinensische Terrororganisation Al Fatah[29] als "revolutionäre Bewegung mit
humanen Zielen" an.[30] Für Israel-Freunde des
linkskirchlichen Milieus brach eine Welt zusammen.[31] Im Selbstverständnis der
beteiligten Akteure entwickelte sich der Schulterschluss zwischen linken
Studenten und in der Bundesrepublik lebenden arabischen Fatah-Anhängern
im Verlauf des Jahres 1969 zu einem zentralen Kennzeichen
internationaler "Solidarität". Initiatoren nahostpolitischer
lnformationsveranstaltungen, die von linksradikalen Eiferern als "prozionistisch"
eingestuft werden, mussten fortan mit massiven Störungen rechnen.[32]
Eine besonders intensive Kooperation praktizierte der SDS, der sich
inzwischen des "traditionalistischen" Flügels entledigt hatte: Auf
Einladung von Al Fatah und der "Democratic Front for the Liberation of
Palestine" (DFLP)[33] brachen Ende Juli 1969 ein
knappes Dutzend führender SDS-Mitglieder mit beinahe 100 weiteren
internationalen Teilnehmern zu einer mehrwöchigen Informationsreise nach
Jordanien auf. Die aus Sicherheitsgründen selbstauferlegte
Nachrichtensperre verhinderte zunächst die Weitergabe von
Hintergrundinformationen selbst an die eigene politische Klientel.[34] Die Folge war, dass kursierende
Gerüchte über die Aufstellung internationaler Brigaden durch die Al
Fatah erst Mitte August dementiert wurden.[35] Als eigentliches Ziel der Reise
deutete der SDS-Bundesvorstand an, über die nötige
Informationsbeschaffung hinaus Möglichkeiten einer engeren Kooperation
zwischen der antizionistischen Neuen Linken und den Organisationen der
palästinensischen Freischärler ausloten zu wollen. Die Idee einer
anschliessenden Erkundungsreise nach Israel, mit der Möglichkeit einer
kritischen Überprüfung des eigenen Standpunkts hielt man inzwischen für
völlig abwegig.[36] Die von der Fatah eigens für die
Reisegruppe ausgerichteten politisch-ideologischen
Schulungsveranstaltungen verfestigten die antizionistische und
revolutionsromantische Grundeinstellung der SDSler. Ihrem neuen Weltbild
entsprechend stilisierten sie die Fatah-Bewegung zum avantgardistischen
Subjekt sozialrevolutionärer Umwälzungsprozesse in der Dritten Welt hoch.
Nicht zuletzt aufgrund ihrer militanten Strategie eines "Volksbefreiungskrieges",
die dem Konzept der Vietkong entlehnt schien, fungierte die Fatah
zunehmend als Hoffnungsträger antiimperialistischer Sehnsüchte linker
Studenten. Zeitweise übersetzte und veröffentlichte der SDS als
Mitglieder-Service sogar die beklemmend heroisch anmutenden Fatah-"Militärkommuniques"
zu "erfolgreichen" terroristischen Aktionen in Israel.[37]
Ideologisch gefangen in einem modischen Dritte-Welt-Mythos, mochten
sich die SDS-Aktivisten nicht länger mit den historischen
Ausgangsbedingungen des Zionismus und den deutschen Schuldanteilen
auseinandersetzen. Die Ignorierung der konkreten Leidensgeschichte von
Juden und Linken im Nationalsozialismus ging mit einer Zionismuskritik
zusammen, die die Besonderheiten des Palästina/Israel-Konflikts völlig
negierte. Flankiert von wohlfeilen antiimperialistischen
Erklärungsmustern, vertrat der SDS bis zu seiner Selbstauflösung im
Jahre 1970 eine Politik der revolutionären "Unschuld", in der unter
antizionistischen Vorzeichen auch schon einmal Fragmente eines "linken"
Antisemitismus virulent werden konnten. Als der dem linksliberalen
Flügel der Arbeiterpartei angehörende israelische Aussenminister Abba
Eban im Februar 1970 die Bundesrepublik bereiste, liess der Frankfurter
SDS in einem gemeinsam mit verschiedenen ausländischen Gruppierungen
verfassten Aufruf wörtlich verlautbaren: "Der Besuch Abba Ebans, der als
Vertreter eines rassistischen Staates in die Bundesrepublik reist, muss
zu einer Demonstration und zum Protest gegen den zionistischen,
ökonomisch und politisch parasitären [sic!] Staat Israel und seine
imperialistische Funktion im Nahen Osten werden [...]. Unsere
Unterstützung und Solidarität kann nur dem palästinensischen Volk und
seinem Widerstand und den antizionistischen Sozialisten in Israel gelten.
Diese Kräfte werden heute von den arabischen und friedliebenden Völkern
sowie den progressiven und sozialistischen Kräften in Europa und den USA
unterstützt [...]. Der palästinensische Kampf ist ein Bestandteil des
Kampfes aller unterdrückten Völker der Dritten Welt gegen den
Imperialismus [...]. Nieder mit dem chauvinistischen und rassistischen
Staatsgebilde Israel."[38]
"Palästina-Solidarität" - Erscheinungsformen eines Mythos im
Spiegel neulinker Publizistik
Zum politischen Erbe des SDS und seines kulturellen Umfeldes zählen
nicht nur einige kleine marxistisch-leninistische und häufig maoistisch
orientierte Kaderparteien, sondern seit 1969 auch zahllose sogenannte
Palästina-Solidaritätsgruppen und -komitees, die das antizionistische "Vermächtnis"
der zerfallenden Studentenbewegung mit ideologischer Strenge jahrelang
aufzugreifen und politisch umzusetzen versucht haben. Zentren deutscher
"Palästina-Solidarität" wurden Universitätsstädte, in denen sich
vornehmlich Studenten des neulinken Spektrums - gemeinsam mit arabischen
Akteuren - organisierten und als propagandistisches Sprachrohr des in
der PLO organisierten palästinensischen "Widerstandes" fungierten.
Beträchtliche Unterstützung leisteten jene evangelischen
Studentengemeinden, die den propalästinensischen "Bündnispartnern" ihre
Räumlichkeiten zur Verfügung stellten. Trotz unterschiedlicher
politisch-ideologischer Akzente bemühten sich die lokalen
Palästinakomitees (PKs) von Anfang an um Ansätze inhaltlicher
Kooperation und zentraler Koordination propalästinensischer Aktivitäten.
Die Mehrheit der Delegierten einer ersten Arbeitstagung europäischer PKs
verabschiedete am 26. März 1971 in Wien eine "Plattform", die die
antizionistische Identität der soeben entstandenen Gruppen
festzuschreiben bemüht war.[39]
Einen organisatorischen Aufschwung nahm die Solidaritätsbewegung
paradoxerweise just in jener Zeit, als der tödliche Überfall von
Mitgliedern der palästinensischen Organisation "Schwarzer September" auf
die israelische Olympia-Mannschaft im September 1972 in München ein
Klima innenpolitischer Repression einzuleiten begann.[40] Die Ausweisung hunderter
vermeintlicher oder tatsächlicher Sympathisanten der palästinensischen
Terrorszene ebenso wie das im Oktober 1972 vom Bundesinnenministerium
verfügte Verbot der "Generalunion Palästinensischer Studenten" (GUPS)
und der "Generalunion Palästinensischer Arbeiter" sollte ein warnendes
Signal gegenüber den in der Bundesrepublik lebenden Arbeitern darstellen.[41] Die Reaktionen bundesdeutscher
Behörden inspirierten die ausserparlamentarische Linke zu umfangreichen
Solidaritäts- und Rechtshilfeaktionen für die bedrängten Araber;
begleitet wurden sie von öffentlichkeitswirksamen Demonstrationen,
Veranstaltungsreihen, Presseerklärungen und dem Vertrieb von
Agitationsbroschüren.[42] In Dortmund demonstrierten Anfang
Oktober 1972 mehrere tausend Menschen gegen die Verschärfung des
Ausländerrechts.[43] Wenig später kündigten Vertreter
von 21 Studentenausschüssen, vierzig Verbänden, darunter eine Reihe
örtlicher evangelischer Studentengemeinden - sowie eine Vielzahl
kommunistischer Organisationen/Parteien des neulinken Spektrums unter
Federführung des "Initiativkomitees gegen das Ausländergesetz" die
Durchführung einer gemeinsamen Solidaritätswoche "zur Unterstützung des
Befreiungskampfes des palästinensischen Volkes" an[44] Die beteiligten Initiatoren
verständigten sich auf einen gemeinsamen Aufruf für die vom 11. bis 15.
Dezember bundesweit stattfindende Palästina-Woche. Der antizionistische,
das Existenzrecht Israels negierende Text liess an Deutlichkeit nichts
zu wünschen übrig. Er wurde am Ende noch einmal durch jenes Arsenal
apodiktisch formulierter Parolen zusammengefasst, das die Integration
eines aggressiv antiisraelischen Weltbildes in das "antiimperialistische"
und klassenkämpferische Selbstverständnis der überwiegend studentischen
Neuen Linken sinnfällig verdeutlichte: "- Kampf dem Ausbau und der
Militarisierung des staatlichen Unterdrückungsapparates! - Kampf dem
reaktionären Ausländergesetz! - Kampf der Abschiebung fortschrittlicher
Ausländer! - Weg mit dem Verbot von GUPA und GUPS! - Für freie
politische und gewerkschaftliche Betätigung für alle fortschrittlichen
ausländischen Organisationen! - Deutsche und ausländische Arbeiter eine
Kampffront! - Schluss mit der Unterstützung der israelischen
Aggressionspolitik durch die Bundesregierung! Nieder mit Imperialismus,
Zionismus und der arabischen Reaktion! - Der Kampf des palästinensischen
Volkes ist gerecht!"[45]
Trotz ihres archaisch anmutenden Manichäismus verzeichneten die PKs
zunächst einen beträchtlichen Zulauf an Sympathisanten. Das in späteren
Jahren nicht wieder zustande gekommene Aktionsbündnis weiter Teile der
Linken vermochte die Komitees nicht nur zeitweise aus ihrer Vereinzelung
zu lösen, sondern erlaubte ihren Anhängern vorübergehend die Illusion,
einer kleinen aber wachsenden gesellschaftlichen Minderheit anzugehören.
Andererseits offenbarten gerade die Vorbereitungen zur ersten
bundesweiten Palästina-Woche einen tiefgreifenden ideologischen Dissens,
der sich in der Folgezeit zu irreversiblen Fraktionierungen in der
Solidaritätsbewegung auswachsen sollte: Während die im VDS mehrheitlich
vertretenen Anhänger "traditionalistischer" und realsozialistischer
Positionen die Aktionswoche thematisch auf die innenpolitische Dimension
des Verbots palästinensischer Organisationen zu beschränken suchten, um
den rigiden Antizionismus neulinker Prägung aus den Aktionen
fernzuhalten,[46] beharrten die anderen Verbände
auf der demonstrativen Unterstützung des "gerechten Befreiungskampf(es)
der Palästinenser in all seinen Ausprägungen."[47]
Spätestens Mitte der siebziger Jahre gerieten die Palästinakomitees
bundesweit immer stärker unter den Einfluss kleiner, aber lautstarker
kommunistischer Kaderparteien. In martialisch betitelten "Zeitschriften"
und sporadisch erscheinenden Winkelblättchen,[48] die häufig nur in Kleinstauflagen
erschienen, suchten die inzwischen offen miteinander rivalisierenden
Gruppen ihre spezifischen Vorstellungen von der "palästinensischen
Revolution" in der Bundesrepublik zu verbreiten. Die ideologische
Zersplitterung der palästinensischen Dachorganisation PLO fand ihre
genaue Entsprechung im Selbstverständnis jener Komitees, die sich der
exklusiven Unterstützung palästinensischer Partialinteressen
verschrieben hatten. Bei allem Dissens im Detail zeichneten ihre
Aktivisten in zahllosen Flugblättern und Broschüren das Bild vom "heldenhaften
palästinensischen Volkes" gegen das "zionistische und imperialistische
Gebilde 'Israel'".[49]
Mit missionarischem Eifer richteten sie "Palästinawochen" aus und
nutzten aktuelle Anlässe, um gegen das israelpolitische Engagement
gesellschaftlicher und staatlicher Akteure agitieren zu können.
Im zeitlichen Zusammenhang mit dem beginnenden
ägyptisch-israelischen Entspannungsprozess fanden sich auf Initiative
der Bonner PLO-Informationsstelle "Palästina" im Spätherbst 1977 zwanzig
deutsche PKs zusammen, um noch einmal den Versuch einer
organisatorischen Vereinheitlichung und konzeptionellen Konzentration
der Solidaritätsbewegung zu unternehmen. Auch jetzt, wo die
Krisensymptome des linksradikalen "Internationalismus" erste Spuren
zeitigten und sich eine Delegitimierung antizionistischer Aktivitäten
einzustellen drohte, suchte man zwecks ideologischer
Selbstvergewisserung das Heil erneut in der Formulierung einer
gemeinsamen "Plattform":[50] Mit markigen Parolen berauschten
sich die versammelten Komitee-Vertreter an der Forderung einer "vollständigen
Zerschlagung des zionistischen Staates in Palästina" und beschworen ihre
grenzenlose Identifikation mit dem Mythos palästinensischer
Autoemanzipation: "Die Palästina-Komitees betonen, dass das
palästinensische Volk sein eigener Befreier ist und im Vertrauen auf die
eigene Kraft seine Revolution zum Sieg führen wird."[51]
Exkurs: Terroristische Abgründe
Militant-anarchistische Kreise der Neuen Linken trieben die
Glorifizierung ihrer palästinensischen "Helden"-Figuren auf die Spitze.
Publizistisches Forum der "libertären" Kommunisten wurde die
West-Berliner "Underground"-Zeitung "Agit 883", die trotz wiederholter
staatlicher Ermittlungen und Verbotsverfügungen zeitweise eine
wöchentliche Verkaufsauflage von bis zu 20.000 Exemplaren erzielte. In
immer neuen Variationen beschworen einzelne Autoren die "grossartige
Wahrheit" des bewaffneten Widerstandes palästinensischer Fedajin,[52] "weil das Gewehr die einzige
Ausdrucksmöalichkeit aller Unterdrückten ist - überall."[53] Doch beschränkten sie sich nicht
auf eine revolutionsromantisch verklärte verbale Ästhetisierung von
Gewalt, sondern warben unter dem Motto "Schlagt die Zionisten im eigenen
Land!" auch für eine aktive Rolle militanter bundesdeutscher "Antiimperialisten"
im Kampf gegen die "Erfüllungsgehilfen" Israels in der BRD.[54]
Die unverschleierte Militanz der Sprache, die selbst der ansonsten
durchaus nicht zimperlichen K-Gruppen[55]-Presse weitgehend fremd war, fand
in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1969 in West-Berlin erstmals
ihre praktische Umsetzung in der Beschmierung jüdischer
Erinnerungsstätten und der Deponierung einer Brandbombe im jüdischen
Gemeindehaus. In jenem sogenannten Bekennerschreiben, das unter bis
heute ungeklärten Umständen noch vor der Tatzeit in den Republikanischen
Club lanciert worden war und diesen deswegen vorübergehend in Misskredit
gebracht hatte,[56] erklärten die "Schwarzen Ratten
TW" (Tupamaros Westberlin): "Am 31. Jahrestag der faschistischen
Kristallnacht wurden in Westberlin mehrere jüdische Mahnmale mit 'Schalom
und Napalm' und 'El Fath' beschmiert. Im jüdischen Gemeindehaus wurde
eine Brandbombe deponiert. Beide Aktionen sind nicht mehr als
rechtsradikale Auswüchse zu diffamieren, sondern sie sind ein
entscheidendes Bindeglied internationaler Solidarität [...]. Der wahre
Antifaschismus ist die klare und einfache Solidarisierung mit den
kämpfenden Feddayin [sic!] [...]. Jede Feierstunde in Westberlin und in
der BRD unterschlägt, dass die Kristallnacht von 1938 heute tagtäglich
von den Zionisten in den besetzten Gebieten, in den Flüchtlingslagern
und in den israelischen Gefängnissen wiederholt wird. Aus den vom
Faschismus vertriebenen Juden sind selbst Faschisten geworden, die in
Kollaboration mit dem amerikanischen Kapital das palästinensische Volk
ausradieren wollen. Zerschlagen wir die direkte Unterstützung Israels
durch die deutsche Industrie und die Bundesregierung, so bereiten wir
den Sieg der palästinensischen Revolution vor und forcieren die erneute
Niederlage des Weltimperialismus."[57] Welcher Gruppe die Urheber des
misslungenen Bombenanschlags tatsächlich entstammten, hat sich bis heute,
ungeachtet der Tatsachen verfälschenden und antisemitischen Diktion der
TW-Erklärung, nicht restlos aufklären lassen.
Obwohl die Aktion auch unter den Aktivisten antizionistischer PKs
auf heftige Kritik stiess,[58] war ein Fanal gesetzt, das nicht
ohne Folgen bleiben sollte: Ein Teil der unter verschiedenen Namen
auftretenden anarchistischen "Haschrebellen", aus denen bald die
terroristische "Bewegung 2. Juni" hervorgehen sollte, hatte bereits im
Sommer 1969 in palästinensischen Lagern Jordaniens eine militärische
Grundausbildung durchlaufen. Mit "dem totalen Willen zu kämpfen sind die
Leute dann aus Palästina zurückgekommen", berichtete später einer ihrer
Mitstreiter.[59]
Ungeduldig insistierte die "Palästinafront" auf einer
handlungsorientierten Verschmelzung militanter Aktionsformen deutscher
Kombattanten mit dem palästinensischen "Widerstand" im Nahen Osten: "Bei
uns ist Palästina. Wir sind Fedajin. Heute nachmittag kämpfen wir für
die revolutionäre Befreiungsfront."[60]
Zu einem der bekanntesten Wortführer des militanten Pro-Palästinensismus
in Berlin wurde der Kommunarde und "Bürgerschreck" Dieter Kunzelmann. Um
einem drohenden Strafvollzug zu entgehen, war der später zeitweilige AL-Politiker
im Herbst 1969 für längere Zeit im Stadtteil Schöneberg untergetaucht,
erweckte aber durch seine "Briefe aus Amman" den Eindruck, bei Guerillas
der Al Fatah Unterschlupf gefunden zu haben.[61] In den unter linken Antizionisten
ohnehin kaum noch verbliebenen Fragmenten historischer Sensibilität
gegenüber den Opfern der Shoah vermochte Kunzelmann lediglich lästige
Hindernisse einer bedingungslosen und militanten Parteinahme für den
palästinensischen Kampf zu sehen: "Hier ist alles sehr einfach. Der
Feind [gemeint ist Israel] ist deutlich. Seine Waffen sind sichtbar.
Solidarität braucht nicht gefordert zu werden. Sie entsteht von selbst
[...]. Palästina ist für die BRD und Europa das, was für die Amis
Vietnam ist. Die Linken haben das noch nicht begriffen. Warum? Der
Judenknax. 'Wir haben 6 Millionen Juden vergast. Die Juden heissen heute
Israelis. Wer den Faschismus bekämpft ist für Israel.' So einfach ist
das, und doch stimmt es hinten und vorne nicht. Wenn wir endlich gelernt
haben, die faschistische Ideologie 'Zionismus' zu begreifen, werden wir
nicht mehr zögern, unseren simplen Philosemitismus zu ersetzen durch
eindeutige Solidarität mit AL FATAH, die im Nahen Osten den Kampf gegen
das Dritte Reich aufgenommen hat. Was heisst Solidarität? UNSEREN KAMPF
AUFNEHMEN [...]. Dass die Politmasken vom Palästina-Komitee die
Bombenchance nicht genutzt haben, um eine Kampagne zu starten, zeigt nur
ihr rein theoretisches Verhältnis zu politischer Arbeit und die
Vorherrschaft des Judenkomplexes bei allen Fragestellungen."[62] Ein weiteres Schreiben "aus
Amman" vom April 1970 proklamierte den Aufbau einer "festgefügten Front
[...] alle[r] arbeitenden Palästina-Gruppen" gegen den zionistischen "Feind".
Ungeduldig appellierte Kunzelmann an die "Genossen an der Heimatfront":
"Wann endlich beginnt bei Euch der organisierte Kampf gegen die heilige
Kuh Israel? Wann entlasten wir das kämpfende palästinensische Volk durch
praktischen Internationalismus? Die Granaten auf dem Flughafen Riem
lassen doch nur eine Kritik zu: die verzweifelten Todeskommandos durch
besser organisierte zielgerichtetere Kommandos zu ersetzen, die von uns
selbst durchgeführt werden und damit besser vermittelt werden können.
Befreiung der verhafteten Palästinenser, Agitation unter den deutschen
Juden, Kampf gegen die Emigration nach Israel, Verhinderung jeglicher
Unterstützung (Waffen, Waren, Kapital) - noch nie hatten wir eine solche
Chance, durch direkte Unterstützung eines Volksbefreiungskrieges die
Revolution im eigenen Lande voranzutreiben."[63]
Erst die straff organisierte und professionalisierte "Rote Armee
Fraktion" (RAF) begann im Frühsommer 1970, aus den militant-antizionistischen
Phantasien der spontaneistischen West-Berliner Anarcho-Szene blutigen
Ernst zu machen: In zwei Schüben reisten im Juni über zwanzig Mitglieder
der RAF - darunter Andreas Baader, Ulrike Meinhof und Horst Mahler - von
Ost-Berlin via Beirut nach Amman ein, um in einem der militärischen
Ausbildungslager der Al Fatah östlich der Stadt von palästinensischen
Kämpfern in der Guerilla-Taktik unterwiesen zu werden. Interne
persönliche und politische Unstimmigkeiten, die bis zur Denunziation
eines Teilnehmers als angeblicher israelischer Spion reichten, aber vor
allem auch kulturbedingte Spannungen zwischen Deutschen und
Palästinensern offenbarten, führten nach zwei Monaten zu einem
vorzeitigen Abbruch der Ausbildung. Weil sich die Deutschen fortwährend
den rigiden militärischen Befehlsstrukturen der Fatah zu entziehen
suchten, veranlassten die Palästinenser im August ihre Rückkehr nach
Berlin. Dennoch hatten die Deutschen im Fatah-Ausbildungslager genügend
terroristische "Fertigkeiten" erworben, um sie in der Bundesrepublik
praktisch anwenden zu können.[64]
Trotz des Eklats in Jordanien blieben die politisch-ideologischen
sowie in begrenztem Masse auch die organisatorischen Verbindungen
zwischen palästinensischer und westdeutscher Guerilla auch in der
Folgezeit bestehen: So agierte auch jene siebenköpfige
deutsch-palästinensische Gruppe von Mitgliedern der "Revolutionären
Zellen" (RZ), der "Bewegung 2. Juni" und der "Volksfront für die
Befreiung Palästinas" (PFLP) im Sinne eines sich "internationalistisch"
gerierenden Terrorismus, als sie im Sommer 1976 eine zivile
Verkehrsmaschine der Air France mit 257 Fluggästen - darunter 83
Israelis - auf der Route Paris-Tel Aviv in ihre Gewalt brachte und nach
Entebbe (Uganda) umdirigierte. Der Deutsche Wilfried Böse organisierte
in dieser Situation die räumliche Absonderung der jüdischen von den
nichtjüdischen Passagieren.[65]
Nicht zuletzt dieser neue Höhepunkt antizionistischer Gewaltpraxis
vermochte in der Palästina-Solidaritätsbewegung einen Erosionsprozess
auszulösen, der nicht ohne Auswirkungen auf das revolutionär verklärte
Palästinenserbild in den Medien des linken Milieus bleiben sollte.
Ende der Funktionalisierung? Nahostpolitische Zerreissproben und
ihre Folgen für Palästinenser-Wahrnehmungen in linken Medien (1979 bis
heute)
Schockiert von den Berichten über die Selektionspraktiken eines
deutschen Terroristen, mochten sich führende Anhänger der Neuen Linken -
darunter auch PK-Aktivisten - jetzt nicht mehr der Einsicht
verschliessen, dass der Kampf gegen Unrecht unter Umständen auch
monströse Züge annehmen könne. Die Frage nach der Virulenz eines
spezifisch "linken Antisemitismus" stellte sich immer drängender. So
begannen Ende der siebziger Jahre Teile der Linken zunehmend auf Distanz
zur traditionellen "Palästina-Solidarität" zu gehen und "das
Zusammenbrechen alter Prinzipien" zu konstatieren.[66] Als Folge stellte sich bei den
verbliebenen PK-Aktivisten eine wachsende Verunsicherung ein: Als die
PLO ihren agitatorischen Schwerpunkt zunehmend auf
politisch-diplomatische Initiativen verlegte und damit ihr politisches
Ansehen verbesserte, witterten deutsche Antizionisten sogleich eine
drohende "ideologische Zersetzung der PLO". Doch schien jetzt - nicht
zuletzt unter dem Eindruck der enttäuschenden Nachrichten über die
politischen Verhältnisse im befreiten Indochina - eine grundsätzliche
Neubestimmung des Standortes der internationalen Solidarität"[67] unerlässlich zu sein.[68]
Andererseits: Die linke Nahost-Debatte spitzte sich vorübergehend
noch einmal dramatisch zu, als die israelische Armee im Sommer 1982 in
den Libanon einmarschierte, um dort befindliche PLO-Basen zu zerstören.
In zahlreichen Zeitungen, Zeitschriften und Flugblättern wurde Israel
des Völkermords an den Palästinensern bezichtigt. Publizisten erlagen
der Faszination begrifflicher Tabubrüche und witterten triumphierend die
Gelegenheit, Antifaschismus und Antisemitismus miteinander zu versöhnen.
Nicht zuletzt Journalisten der linksalternativen Berliner "tageszeitung"
(taz) beteiligten sich an jener historisch-psychologischen
Entlastungsoffensive, bei der die betroffenen Palästinenser als die "neuen
Juden" bezeichnet und die israelischen Invasoren mit den Nazis
verglichen wurden. Die gezielte Vermischung historischer Ebenen gipfelte
im Vorwurf des "umgekehrte[n] Holocaust[s]" bzw. einer "Endlösung der
Palästinenserfrage".[69]
Noch auf dem Höhepunkt der hier nur angedeuteten verbalen Exzesse
in weiten Teilen der linken Medienlandschaft wurden empörte Einsprüche
gegen den Versuch laut, die deutsche Geschichte auf dem Rücken ihrer
Opfer bewältigen zu wollen. Trotz der schon Ende der siebziger Jahre
begonnenen Reflexionsprozesse zeichnete sich erst jetzt - im Sommer 1982
- eine dramatische Wende im Palästinenserbild neulinker Beobachter ab,
die eine radikale Demontage des mythisch verklärten Palästinensers
zugunsten einer betont nüchternen Sichtweise nach sich ziehen sollte.
Lakonisch und zynisch zugleich kommentierte der Publizist Wolfgang Pohrt:
"Unter die Völkermorde subsumiert, kann der Libanonkrieg nur als
Kavaliersdelikt betrachtet werden [...]. Kein Grund zur Annahme, die
Palästinenser würden sich, wenn sie Erfolg hätten, anders verhalten als
die Israelis. Kein Grund freilich auch, von den Palästinensern zu
erwarten oder zu verlangen, aus den Bombardements ihrer Flüchtlingslager
durch die israelische Luftwaffe eine andere Lehre zu ziehen als jene
Juden, die Israel gründeten: Dass man vertreiben und verfolgen muss,
will man nicht zu den Verfolgten und Vertriebenen zählen".[70] Etwa zeitgleich und im
Gleichklang mit zahlreichen anderen publizistischen Stimmen appellierte
jetzt auch der biographisch dem neulinken Milieu verbundene
Grünen-Politiker Joschka Fischer an seine langjährigen Mitstreiter, die
nahöstlichen "Realitäten" zur Kenntnis und von "blinde(r) Solidarität"
mit den Palästinensern Abstand zu nehmen. Ganz im Sinne des von der
Frankfurter "Sponti"-Szene unterstützten nahostpolitischen Kurswechsels
der Neuen Linken forderte er in einer Sonderausgabe der "Sponti"-Postille
"Pflasterstrand": "Wir sollten endlich aufhören, palästinensischer als
die PLO zu sein. Wir sollten mit unserer Solidarität durchaus eigene
Ziele verfolgen, was uns sowohl mit den Israelis als auch mit den
Palästinensern in Widerspruch bringen kann [...]. Ein zweites
vietnamesisches Erwachen könnten wir uns dadurch ersparen."[71]
Dass die Mahnungen von Gallionsfiguren der Linken zu Nüchternheit
und Fairness nicht ohne weiteres in den Niederungen politischer Praxis
Gehör gefunden hatten, sollte sich im Nachgang zum Libanonkrieg
herausstellen. Hatte die Invasion der israelischen Armee in weiten
Teilen der Linken israelfeindliche Protestwellen wie nie zuvor
entfesselt, so vermied die linke und linksliberale Öffentlichkeit
entsprechend harsche Reaktionen, als sich ungefähr im selben Zeitraum
vergleichbare innerarabische Gegensätze gewaltförmig entluden: Bereits
im Februar 1982 hatte das syrische Baath-Regime unter Präsident Hafez al
Assad einen Aufstand sunnitischer Fundamentalisten nach wochenlangen
Kämpfen blutig niedergeschlagen. Die mörderischen Dimensionen jenes
Bürgerkrieges, der nahezu 20.000 zivile Opfer forderte, wurden von der
Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Die liberale Wochenzeitung "Die Zeit"
hielt es vier Wochen danach [!] zwar für geboten, die Ereignisse
ausführlich zu bilanzieren; mit einer moralischen Grosszügigkeit
ohnegleichen war ihr Nahost-Korrespondent aber bereit, die
infernalischen Brutalitäten der Damaszener Regierungstruppen zu
verharmlosen: "Der Rahmen der Verhältnismässigkeit wurde durch
militärische Bestialität, Vandalenakte und die nachträgliche Sprengung
von Moscheen und Kirchen zwar gehörig strapaziert, blieb aber letztlich
doch gewahrt."[72]
Noch frappierender ist die auffällige Diskretion, mit der die Linke
die nach dem israelischen Teilrückzug erneut eskalierten
innerlibanesischen Machtkämpfe behandelte: Als im Herbst 1983 die im
Libanon stationierten syrischen Truppen gemeinsam mit prosyrischen
palästinensischen Milizen Bastionen loyaler Gruppen des PLO-Vorsitzenden
Arafat stürmten, ezeugten die neuerlichen Übergriffe nicht mal einen
Bruchteil jener Wogen der Betroffenheit, die ein Jahr zuvor die
israelische Invasion begleitet hatten; dies, obwohl allein im
Flüchtlingslager Baddawi nördlich von Tripoli mindestens eintausend
Menschen den Tod fanden.[73]
Auch die mit syrischer Unterstützung erfolgte Belagerung und
Einkesselung von drei Palästinenserlagern am südlichen Stadtrand Beiruts
durch schiitische Amal-Milizen zwischen Mai 1985 und Januar 1988 stiess
weitgehend auf eine Koalition des Schweigens, obwohl schon früh Berichte
über Massaker an palästinensischen Bewohnern an die Weltöffentlichkeit
gelangt waren, die alle bisherigen Greueltaten im libanesischen Dickicht
früherer Jahre in den Schatten stellen sollten.[74]
Doch das Leid der Palästinenser schien hierzulande nicht einmal das
antizionistische Spektrum zu alarmieren und zu mobilisieren. Verzweifelt
fragte taz-Korrespondentin Beate Seel: "Wo bleibt der sonst übliche
Aufschrei über die Politik eines Hafez al Assad, eines Nabih Berri
[...]? Heute sind es nur noch eine Handvoll Palästinenser, die in der
Bundesrepublik mit Aktionen gegen die Belagerung demonstrieren. Offenbar
gelten andere Kriterien, wenn die Täter nicht in erster Linie im
prowestlichen Israel, sondern in arabischen Hauptstädten sitzen. Manch
einem der sonst so aufrechten Demonstranten liegt offenbar das Schicksal
des palästinensischen Volkes nicht länger am Herzen, wenn er nicht
gleichzeitig gegen eine 'neue zionistisch-amerikanische Verschwörung'
protestieren kann."[75]
In der Tat: "Die Palästinenser" sind von der Neuen Linken aus
antizionistischem Antrieb jahrelang als Objekte martialischer
Heldenmythen instrumentalisiert und funktionalisiert worden. Es besteht
begründete Annahme zu der Vermutung, dass während des libanesischen
Lagerkrieges die Reaktionen der linken Öffentlichkeit und Publizistik -
anders als während der israelischen Invasion - über weite Strecken
deshalb so verhalten ausfielen, weil ihnen das stimulierende Moment
israelischer, mithin jüdischer Tatbeteiligung fehlte. Demnach schien "Solidarität"
mit den Palästinensern zum einen die Funktion zu erfüllen, den seit der
Shoah tabuisierten judenfeindlichen Ressentiments wieder ein
gesellschaftsfähiges Forum bieten zu können;[76] zum anderen fungierte der
neulinke "Antiimperialismus" unbewusst als nationaler Ersatzmythos: Da
der Linken vor dem Hintergrund der Shoah bis heute eine "positive"
nationale Identität weitgehend verwehrt geblieben ist, hat sich ein
beträchtlicher Teil von ihr jahrelang um so empfänglicher für die
nahtlose Identifikation mit der nationalen Befreiungsbewegung der
Palästinenser gezeigt. Wolfgang Pohrt stellte nicht zufällig während des
Libanonkriegs 1982 in der ihm eignen polemischen Diktion fest: "Was die
Palästinenser für die westdeutsche Linke so sympathisch macht, was ihr
erlaubt, sich mit den Palästinensern zu identifizieren, ist die Annahme,
die Palästinenser führten eigentlich einen Stellvertreterkrieg für
genuin deutsche Wünsche, Vorstellungen und Ideale: Für völkische Einheit
und nationale Selbstbestimmung auf heimatlicher Scholle. Die
Palästinenser firmieren gewissermassen als der grosse, militante
Heimatvertriebenenverband, den die Westdeutschen gerade jetzt gerne
hätten, den sie sich aber nicht leisten können."[77]
In den Printmedien linker und grün-alternativer Provenienz ist das
unstete und widersprüchliche Nahost-Engagement der eigenen Klientel in
den letzten Jahren ausführlich und zunehmend kritisch kommentiert worden.
Insbesondere in der grünen Partei ist es dabei immer wieder zu "kathartische[n]
Zerreissproben" gekommen.[78] Kleinere Organisationen wie die "Aktion
Sühnezeichen/Friedensdienste" und der "Deutsch-Israelische Arbeitskreis
für Frieden im Nahen Osten" haben durch ihre publizistische Arbeit nicht
unwesentlich zur nahostpolitischen Mässigung in der Linken beigetragen.[79] Seitdem selbst in der PLO die
Einsicht in die Notwendigkeit eines politischen Kompromisses mit Israel
kaum mehr in Frage gestellt wird, propagieren beinahe ausschliesslich "autonome"
politische Kräfte noch jene "klassische" Palästina-Solidarität, die
durch das seit 1987 andauernde palästinensische Aufbegehren gegen die
israelische Besatzungsmacht (Intifada) neue Anknüpfungspunkte für
radikalen Antizionismus und gewaltbereite propalästinensische
Revolutionsromantik gewonnen hat.[80]
Mit der Ende 1989 einsetzenden Auflösung des sowjetischen
Machtblockes ist das nahostpolitische Interesse linker Publizisten
abgeflaut. Diese Entwicklung ist nicht allein mit einem simplen
Gewöhnungseffekt oder - angesichts des Anwachsens auch
innerpalästinensischer Gewalt gegen sogenannte Kollaborateure - mit den
zunehmenden Legitimationsdefiziten manichäischer
Feindbild-Kennzeichnungen erklärbar. Paralysiert vom kläglichen Abgesang
des real existierenden Sozialismus und vom stürmischen Prozess der
deutschen Vereinigung haben sich die Zerfallserscheinungen einer
verunsicherten und über weite Strecken orientierungslos gewordenen
Linken dramatisch beschleunigt. Kleinere linksradikale Organisationen
sind heute nahezu von der gesellschaftlichen Bildfläche verschwunden
oder haben sich, wie die "Marxistische Gruppe" und der "Kommunistische
Bund", gänzlich aus der Geschichte verabschiedet. Nicht mehr nur
Exzentriker fragen sich allen Ernstes, ob das historische Projekt der
Linken, das sich gleichermassen auf das Erbe von 1789 und 1917 bezieht,
an seinem Endpunkt angekommen ist.
Der Golfkrieg im Winter 1991, als der mit deutscher Hilfe
hochgerüstete Irak Raketen auf den dichtbesiedelten Küstenstreifen
Israels abschoss, hat sich innenpolitisch als weiterer Abgesang einer
Linken herausgestellt, die sich diesmal den Vorwurf der "Gleichgültigkeit"
gegenüber einer beispiellosen Bedrohung Israels einhandelte.[81] Saddam Husseins nachträgliche
Hofierung der PLO stiess nicht nur auf palästinensischer Seite auf
Beifall; auch Teile der Friedensbewegung glaubten fatalerweise, im
Bekenntnis zur Verknüpfung der Kuwaitfrage mit der Lösung des Palästina/Israel-Konflikts
der palästinensischen Sache zu dienen. Ansonsten aber gerieten "die
Palästinenser" im Streit von Pazifisten und Bellizisten um die
Legitimität der alliierten Intervention kaum mehr ins Blickfeld.
In den publizistischen Refugien linker Couleur konzentrieren sich
heute zentrale Überlegungen auf die eigene Stellung zur
bürgerlich-liberalen "Werte"-Gemeinschaft des Westens. Kein Zweifel: Die
Mehrheit jener Personengruppe, deren politisches Selbstverständnis sich
biographisch und ideologiegeschichtlich aus linken Traditionsbeständen
speist, hat im neuen Deutschland einen nostalgischen "Frieden" mit der
alten Bundesrepublik geschlossen. Die Bewahrung der
freiheitlich-demokratischen und sozialstaatlichen Errungenschaften der
Bonner Republik ist zum Identitätsmerkmal geläuterter Anhänger einer
zivilen Gesellschaft geworden, die sich den bedrohlichen Symptomen einer
rechtsextremen Renaissance ausgesetzt sehen. Unter dem Druck der welt-
und innenpolitischen Veränderungsprozesse ist das Interesse an den
Palästinensern hierzulande inzwischen mindestens so gering wie etwa an
den Menschen im "jugoslawischen" Bürgerkrieg. Die existentielle "Überforderung"
auch politisch engagierter Menschen ist allenthalben zu spüren; Hans
Magnus Enzensbergers Plädoyer für eine partikularistische Solidarität,
die den Abschied von universellen "Allmachtsphantasien" einfordert[82],
ist längst zum Charakteristikum der politischen Kultur dieses Landes
geworden. Wird der Israel/Palästina-Konflikt hierzulande überhaupt - und
"die Palästinenser" wenigstens am Rande - noch wahrgenommen, bildet nach
wie vor die entscheidende intellektuelle Herausforderung an linke Medien
die Selbstverortung zwischen den Polen Anti-Faschismus, Neutralismus und
Antizionismus auf der einen sowie Pro-Israelismus, Westbindung und Anti-Totalitarismus
auf der anderen Seite. Dass sich in den neunziger Jahren die Gewichte
beträchtlich zugunsten der letzteren verschoben haben, dürfte erwiesen
sein; im postmodern geprägten Habitus auch der "linken" Medienwelt hat
diese Selbstverortung freilich nicht mehr jene subjektive Bindungskraft,
die sie einmal besessen haben muss.
in: Wolfgang Benz (Hg.), Jahrbuch für Antisemitismusforschung 3,
FfM/New York: Campus 1994
Editorische Anmerkungen:
Der Text ist gespiegelt in: http://www.link-f.org/leute/w.fruth/deas/deas021.html http://www.trend.infopartisan.net/antisemitismus/antisem04.html http://de.dir.groups.yahoo.com/group/karovier/message/6457
[1] 1 Unter dem Begriff "Neue Linke" werden hier jene bestimmenden Kräfte der studentischen Protestbewegung der sechziger Jahre und ihrer politischen Erben subsumiert, die sowohl in Abgrenzung zur "reformistischen" Sozialdemokratie als auch zur "realsozialistischen" Orthodoxie radikale Spielarten marxistischer Theorieansätze vertreten bzw. entwickelt haben. [2] Eingedeutschte arabische Bezeichnung für palästinensische Kommandos (Fida'i, fida'iyun = "Der sich Aufopfernde, Kämpfer"). [3] Ausführlich dazu Peter Brod, Die Antizionismus- und Israelpolitik der UdSSR. Voraussetzungen und Entwicklung bis 1956, Baden-Baden 1980, S.55-74. [4] Vgl. Freiherr von Schönaich, Das Palästina-Problem, in: Die Weltbühne (WB) vom 1.11.1947. [5] Siehe Paul Merker, Der neue Staat des jüdischen Volkes entsteht, in: WB vom 1.2.1948. [6] Ebenda [7] Vgl. Frhr. von Schönaich, Palästina-Problem; Merker, Der neue Staat. [8] Vgl. Merker, Der neue Staat; Wolfgang Harich, Die Trage die der Juden, in: WB vom 15.6.1948 [9] Vgl. Margarete Merker, Der Kampf in Palästina, in: WB vom 8.6.1948; Harich, Tragödie [10] So Julius Kaufmann, Israel im Kampf mit Sumpf und Wüste, in: Frankfurter Hefte (PH) 7(1955), S.sio [11] Vgl. Rüdiger Proske, Kampf um Palästina, in: PH 2(1948), S.169; FH-Schriftleitung, Das jüdische Friedenswerk inmitten der arabischen Welt, in: PH 10(1956), S.715; Helmut Goliwitzer, Israel - und wir, West-Berlin(3)1959, S.20 [12] Walter Dirks, Vorwort zu: Elian J. Finbert, Pioniere der Hoffnung, Düsseldorf 1957, S.11; vgl. ferner Helmut Gollwitzer, Zehn Jahre Israel. Deutsche und Juden heute, in: Der Monat 8(1958), S.59 [13] So beispielsweise der sozialdemokratische Politiker Fritz Erler, Impressionen aus Israel, in: Neue Gesellschaft 3/4(1961), 5.143 [14] Lutz Niethammer, David, in: Israel-Forum 10(1962), S.15. [15] Vgl. Gerhard Knauss, Der Staat Israel, die Araber und die Bundesrepublik, in: PH 9(1960), S.609-619. In der gleichnamigen Novemberausgabe brachten zahlreiche Leser der Frankfurter Hefte - übrigens auch die Schriftleitung - ihre Empörung über die geschichtsklitternden Ausführungen und die fatalen Schlussfolgerungen von Knauss zum Ausdruck, in: FH 11(1960), S.747-752. [16] Vgl. Helmut Gollwitzer, Der Staat Israel und die Araber, in: Diskussion. Zeitschrift des Bundesverbandes Deutsch-Israelischer Studiengruppen, Juli 1963, S.3-17, hier besonders S.14 [17] Heinrich Kerlen, Palästina, in: ders. (Hrsg.), Deutschland und Israel, West-Berlin 1964, S.12. [18] Abkürzung für "Palestinian Liberation Organization". [19] Vgl. Martin W. Kloke, Israel und die deutsche Linke. Zur Geschichte eines schwierigen Verhältnisses, Frankfurt a.M. 1990, S.63f (eine aktualisierte und erweiterte Neuauflage - mit einem Vorwort von Micha Brumlik - erscheint im Herbst 1993). [20] Vgl. beispielhaft die Berichterstattung in Konkret 8(1967), S.14-19. [21] Einzelheiten in: Kloke, Israel und die deutsche Linke, S.65-81 [22] So Wolfgang Abendroth am 5.6.1967 in einem Offenen Brief an den Frankfurter Erziehungswissenschaftler Berthold Simonsohn, SDS-Nachlass im Archiv "APO und soziale Bewegungen" am Zentralinstitut für sozialwissenschaftliche Forschung an der Freien Universität Berlin (im folgenden: ZIFU, APO) [23] Der Konflikt im Nahen Osten. Dem SDS von der 22. Delegiertenkonferenz als Material überwiesen, in: SDS-Bundesvorstand (Hrsg.), Die XXII. ordentliche Delegiertenkonferenz des SDS. Resolutionen und Beschlüsse, S.49 [24] So löste der erste PLO-Vorsitzende Achmed Shukeiri weltweit - nicht nur in Israel - beklemmende Reminiszenzen an den nazistischen Vernichtungsantisemtismus aus, als er im Vorfeld des Sechstagekrieges die Drohung ausstiess, "die Juden ins Meer zu treiben", vgl. Susan Heenen-Wolff, Erez Palästina. Juden und Palästinenser im Konflikt um ein Land, Frankfurt a.M. 1987, S.120f. [25] Dass die jüdischen Einwanderer nicht selten aus "Mutterländern" stammten, in denen sie mitunter gnadenlos Pogromen und Liquidationen ausgesetzt worden waren, belegt die analytische Kurzschlüssigkeit einer prinzipiellen - letztlich unpolitischen - Reduktion des Palästinakonflikts auf seine koloniale Dimension. Nur am Rande sei schliesslich noch vermerkt, dass billigerweise auch dem Kampf der jüdischen Siedler gegen die britischen Besatzungstruppen im Palästina der vierziger Jahre ein antiimperialistischer Impetus zugestanden werden muss [26] Vgl. Friedrich Schreiber, Michael Wolffsohn, Nahost. Geschichte und Struktur des Konflikts, Opladen 1987, S.207ff [27] Vgl. die Artikel 6 und 20 des palästinensischen Nationalabkommens von 1968 (der Text ist dokumentiert in: Yehoshafat Harkabi, Palästina und Israel, Stuttgart(2)1974, S.72-91). [28] Vgl. Frank Ulrich Alms, Gerechtigkeit und Frieden im Nahen Osten. Eindruck von der Beiruter Konsultation, in: ESG-Nachrichten vom 28.10.1968. [29] Das umgekehrte Akronym von "Harakat at-tahirir al-watani al-filastini" (Palästinensische nationale Befreiungsbewegung) ergibt "Fatah". [30] Vgl. Hans-Jürgen Benedict, Überlegungen nach einem Besuch in Jordanien, in: Junge Kirche 10(1968), S.581 [31] "Ein Autor, der Friedensaufsätze schreibt, kann doch nicht die Al Fatah feiern [...], ohne auch nur mit einem Wort ihr politisches Konzept zu kritisieren", so Helmut Gollwitzer, "Unkenntnis oder blinde Einseitigkeit". Eine Antwort auf Hans-Jürgen Benedics Antwort auf Martin Stöhrs Stellungnahme zur Beiruter Erklärung, in: ESG-Nachrichten vom 1.2.1969. [32] Einzelheiten in: Kloke, Israel und die deutsche Linke, S.78f [33] Eine marxistisch-leninistische Einzelorganisation der PLO [34] "Dass die Vorbereitung der Reise unter einigen Geheimhaltungserfordernissen stand, hat eine adäquate verbandsöffentliche Diskussion verhindert", so der SDS-Bundesvorstand in einer Erklärung zur "Informationsreise nach Jordanien", in: SDS-INFO, Nr.19, 8(1969), S.3. [35] Vgl. "J.P.", Manipulation in Israel, in: Agit 883 vom 12.9.1969. [36] "'Nach Israel fahren wir erst, wenn es sozialistisch geworden ist'', so Bundesvorstandsmitglied Hans~Jürgen Krahl, zitiert nach: Süddeutsche Zeitung (SZ) 14./15.8.1969. [37] Vgl. SDS-INFO, Nr.19, 8(1969), S.3; siehe auch die Berichte von Rudolph Chimelli und Olaf Ihlau, Sommerlager studentischer Revolutionäre in Jordanien. Da war Hanoi doch etwas anderes, in: SZ vom 14./15.8.1969. Publizistische Unterstützung erfuhr dieser der Kritischen Theorie entlehnte "Third Worldism" besonders von der Zeitschrift "Konkret": Siehe dazu Michele Ray, Bei den Partisanen in Israel (Teil 1) vom 18.11.1968; dies., Palästina-Partisanen (Teil 2) vom 16.12.1968; Detlef Schneider, Die dritte Front vom 24.3.1969 und 8.4.1969. [38] "Teach in zum Besuch des israelischen Aussenministers Eban". Unterzeichner des Flugblatts: SDS, Generalunion Palästinensischer Studenten (GUPS), Israelisches Revolutionäres Aktionskomitee im Ausland (ISRACA/D), Trikont, Vereine der arabischen, iranischen und afghanischen Studenten, Frankfurt a.M., 18.2.1970 (vgl. SDS-Nachlass). [39] Vgl. den Text der "Plattform" (ZIPU, APO). [40] Vgl. Rundbrief des VDS vom 30.9.1972; Frankfurter Rundschau (FR vom 13.10.1972 [41] Auch in der konservativen Presselandschaft waren nun gelegentlich Stimmen zu hören, die ihre Besorgnis über die Bedrohung der demokratischen Rechtskultur ausdrückten: "[...] warum hat das Bundesministerium des Innern in den Verfügungen, mit denen es ein Verbot der palästinensischen Organisationen GUPS und GUPA erliess, den Eindruck erweckt, dass die gesamte Organisation al Fatah die Sicherheit der Bundesbürger bedrohe? Die Bundesregierung sollte unmissverständlich erklären, dass zu einer undifferenzierten Araberangst kein Anlass besteht", Harald Vocke, Spaltungen in al Fatah, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7.10.1972; siehe auch ders., Die grosse Araberrazzia. Zu mangelnder deutscher Sachkenntnis kommt Nervosität und israelischer Druck, in: FAZ vom 29.9.1972 [42] Dazu vgl. Verband Integrierter Studentenschaften (VIS) NRW / Verband der Studentenschaften an Fachhochschulen und Höheren Fachschulen (SVI) in der BRD und Berlin-West (Hrsg.), Dokumentation Araberausweisungen ... GUPS- und GUPA-Verbot, Wuppertal, Oktober 1972; Kurt Groenewold u.a. (Hrsg.), Politische Justiz. Dokumentation über den Ausweisungsterror an Palästinensern, Hamburg 1972; Stephan Baier, Araberhetze, Deportationen und Aufrüstung, Bericht und Dokumentation über die Ereignisse seit dem Massaker in München, in: ROTE ROBE. Organ des Südwestdeutschen Referendarverbandes vom 6.11.1972; Trikont-Verlagskooperative (Hrsg.), Der neue Antisemitismus. Die Liquidierung von Ausländerorganisationen in der BRD: Zum Verbot von GUPS und GUPA, München 1972; Hakam Abdel Hadi u.a., BRD, Israel und die Palästinenser. Eine Fallstudie zur Ausländerpolltik, Köln 1973. [43] Die Angaben über die genaue Zahl der Demonstrationsteilnehmer sind widersprüchlich: Während die SZ von "4000 zumeist jugendliche[n] Demonstranten" zu berichten wusste (SZ vom 9.10.1972), sprach Hans Weingartz, führender Vertreter des Bonner PK, von einer "10.000 Menschen umfassenden Demonstration" (Der Kampf gegen das GUPS/GUPA-Verbot: Teil des demokratischen und antiimperialistischen Kampfes in der BRD, in: Hadi, BRD, Israel, und die Palästinenser, S.191). [44] Vgl. das Vorwort zu den vom Projektbereich Internationalismus im SVI hrsg. "Materialien zum antiimperialistischen Kampf" 1(1973), S.3 [45] Siehe ebenda, S.5 ff., hier besonders S.6 (Auszug aus dem "Aufruf Zur Palästina-Woche"). [46] "Dieses Bündnis darf unseres Erachtens nicht dadurch verengt werden, dass wir als Vorbedingung der Aktionseinheit die Zustimmung zu den Zielen und Formen der 'palästinensischen Revolution' und des Kampfes 'gegen das zionistische Israel' in all seinen Ausprägungen verlangen" (so der vom Marxistischen Studentenbund Spartakus, Sozialistischen Hochschulbund und den Juso-Hochschulgruppen getragene VDS-Bundesvorstand in einem Brief vom 26.10.1972 an die Mitgliedsverbände des Initiativkomitees gegen das Ausländergesetz (ebenda, Anhang). [47] Vgl. den Brief des SVI an den VDS vom 14.11.1972, in: ebenda, Anhang. Ähnlich lautend war auch der Beschluss des Arbeitsausschusses der ESG vom 24./25.11.1972, dokumentiert in: Al-thaura - Die Revolution. Organ des PK Bonn, Nr. 10, 12(1973), S.31 [48] Frühe Beispiele sind: DIE FRONT. Zeitschrift Zur Unterstützung des Befreiungskampfes der Völker des Nahen Ostens, hrsg. vom Sozialistischen Palästina-Komitee Heidelberg; Al-thaura. Die Revolution. Organ des Palästina-Komitees Bonn; Freies Palästina. Zeitung zur Unterstützung der revolutionären Kämpfe im arabischen Raum, hrsg. von den PKs Aachen, Bonn, Göttingen, Hamburg, Kiel und Münster. [49] Vgl. N.N., Grosse Erfolge der PLO. Der Terror der Zionisten kann die palästinensische Revolution nicht aufhalten!, in: Internationale Solidarität 12(1974), S.16; vgl. auch das Flugblatt Kölner Maoisten von Mitte Oktober 1976 (Was ist los im Libanon?): "Die Aktionen der tapferen palästinensischen Partisanen haben sich auf sämtlichen besetzten Territorien wie Jerusalem und Galiläa, Jaffa, Gaza, den Golan-Höhen und bis in die Höhle der Zionisten, Tel Aviv erstreckt" (ZIFU, APO); viele andere Belege in: Kloke, Israel und die deutsche Linke, S.82-109 [50] Vgl. das Protokoll des Treffens vom 19.11.1977 (ISPA-Archiv Bonn). [51] Plattform der Nah-Ost- und Palästina-Komitees in der BRD und WestBerlin, in: Nahost-Zeitung, hrsg. vom Nahostkomitee Hamburg, Nr.1, 2(1978), S.7. [52] Vgl. N.N., Emanzipatoriscne Bewegung der Palästinenser, in: Agit 883 vom 28.8.1969. [53] N.N., Alle politische Macht kommt aus den Gewehrläufen, in Agit 883 v. 7.5.1970 [54] So das "Kommando Michele Pirk" in einem Schmähartikel gegen den BfG-Bankier Walter Hesselbach, in: ebenda [55] Im Sprachgebauuch der Zeit verstand man unter K-Gruppen die hauptsächlich von Studenten gegründeten kommunistischen Kleinparteien wie KBW, KPD/AO, KPD/ML [56] Vgl. FAZ vom 13.11.1969: Berliner Polizei sucht Bombenleger unter den Linksradikalen; ferner Claus Menzel, Bohnerwachs im Sprengstoffpaket. Wie Westberliner Polizei und Presse der APO einen Sprengstoffanschlag anlasten wollten, in: Konkret vom 27.11.1969 [57] Schwarze Ratten TW, Schalom + Napalm, in: Agit 883 vom 13.11.1969 [58] Vgl. z.B. die "Erklärung zum Bombenattentat auf das jüdische Gemeindehaus in Berlin" des Frankfurter PK, in der den Tätern vorgehalten wurde, einer fatalen "Identifizerung jüdischer Institutionen [ausserhalb Israels] mit zionistischen Basen" Vorschub geleistet zu haben (zum Wortlaut vgl. SDS-INFO vom 1.12.1969, S.29 f.). Selbst das "Redaktionskollektiv 883" erschrak über die "ungeplante[n] und selbstmörderische[n] Aktionen" der einem "kleinbürgerlichen Anarchismus" verhafteten "Palästinafront" (vgl. Agit 883 vom 20.11.1969: Warum veröffentlicht 883 diese Flugblätter?). [59] Michael "Bommi" Baumann, Wie alles anfing, Duisburg (3)1986, S.75 [60] Agit 883 vom 20.11.1969. [61] Vgl. Ernst Spandau, Die Kunzelmann-Story, in: Konkret vom 13.8.1970; Dirk Blumenthal, Von der Apo ins Parlament, in: STERN vom 3.11.1983; Tilman Fichter, Der Staat Israel und die neue Linke in Deutschland, in: Karlheinz Schneider, Nikolaus Simon (Hrsg.), Solidarität und deutsche Geschichte. Die Linke zwischen Antisemitistaus und Israelkritik, Berlin-West 1984, S.93 ff. [62] Dieter Kunzelmann, Brief aus Amman (1), in: Agit 883 vom 27.11.1969 [63] Ders., Brief aus Amman (II). Das palästinensische Volk wird in seinem bewaffneten Kampf siegen, in: Agit 883 vom 3.4.1970 [64] Einzelheiten in: Aust, Baader/Meinhof-Komplex S.103-116 [65] Vgl. Kloke, Israel und die deutsche Linke, 5.105 ff [66] Vgl. Editorial, Solidarität am Wendepunkt, in: Orient-Express. Informationsdienst der Orient (Nahost-Mittelost)-Kommission der Liga gegen den Imperialismus, Nr.3, 12/1979-1/1980, S.1. [67] Peter Tautfest, Palästina-Solidarität nach Indochina, Holcaust und Camp David in: Befreiung Nr.17/18, Frühjahr 1980, S.113; siehe auch Kursbuch 57, Der Mythos des Internationalismus, West-Berlin, Oktober 1979 [68] Weitere Einzelheiten in: Kloke, Israel und die deutsche Linke, S.109 ff [69] Ebenda, S.137-143. [70] Wolfgang Pohrt, Entlastung für Auschwitz. Palästina, Israel und die Deutschen, in: taz vom 28.6.1982. [71] Joschka Fischer, Israel - Ein Alptraum der deutschen Linken, in: Pflasterstrand (Sondernummer Palästina) 9(1982), S.50 [72] Andreas Kohlschütter, Ein Blutbad wie im Mittelalter. Wie Assad die Stadt Hanna mit Tod und Zerstörung überzog, in: Die Zeit vom 2.4.1982. [73] Vgl. Der Spiegel vom 14.11.1983 (Nahost: Arafats Endkampf in Tripoli) und vom 21.11.1983 (Libanon. Stunde der Vergeltung). [74] Vgl. beispielhaft folgende taz-Artikel: 28.5.1985 (Berichte von Massakern aus Beirut. Keine Hilfe für Palästinenser); 29.5.1985 (Libanesisches Roulette); 3.6.1985 (Das Lager Sabra ist ein Trümmerhaufen); 7.6.1985 Tagesthema: Der Krieg gegen die Palästinenser in Beirut). [75] Beate Seel, Wo bleibt der Aufschrei? Beredtes Schweigen zum Lagerkrieg im Libanon, in: taz vom 10.2.1987. [76] Vgl. die - bei aller Polemik - dennoch lesenswerten Ausführungen von Henryk M. Broder, Die Opfer der Opfer oder: Warum die Palästinenser ihren deutschen Freunden eigentlich wurscht und scheissegal sind, in: Kommune. Forum für Politik und Ökonomie vom 5.7.1985 [77] Pohrt, Entlastung für Auschwitz, S.7 [78] Vgl. Martin W. Kloke. Kathartische Zerreissproben: Zur Israel-Diskussion in der Partei "Die Grünen", in: Herbert A. Strauss, Werner Bergmann, Chritsthard Hoffmann (Hrsg.), Der Antisemitismus der Gegenwart, Frankfurt a.M. 1990, S.124-128. [79] Vgl. Kloke, Israel und die deutsche Linke, S.130-136. [80] Vgl. ebenda, S.153-163 [81] Vgl. Martin W. Kloke, Und (k)ein bisschen weiser...? Westdeutschlands Linke im Konflikt um Israel, in: Ralph Giordano (Hrsg.), Deutschland und Israel: Solidarität in der Bewährung. Bilanz und Perspektive der deutsch-israelischen Beziehungen, Gerlingen 1992, S.133 ff [82] Vgl. Hans Magnus Enzensberger, Ausblicke auf den Bürgerkrieg, in: Der Spiegel vom 21.6.1993
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