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Peter
Strotmann: Warum Attac?
Die Antiglobalisierungsbewegung ist etwas historisch Neues. Diese neue
Bewegung, die im wesentlichen von jungen Leuten getragen wird, hat
bereits einen Impuls in die gesellschaftlichen Debatten und die Linke
gegeben. ATTAC Deutschland ist nur ein kleiner Teil dieser neuen
Antiglobalisierungsbewegung, die aufgrund der sich zuspitzenden
Widersprüche der Globalisierung selbst entstanden ist. Sie ist ein
Ausdruck dafür, daß weltweit die Verzweiflung und Wut, der Unwille
über den Status quo wächst. Das hat sich in Genua gezeigt, mit
100000, in Barcelona mit 300000, in Florenz mit fast einer Million
Menschen, die aufgestanden sind. Auch in Deutschland ist die Bewegung
nicht ganz ohne Erfolg. ATTAC hat inzwischen 11500 Mitglieder, die was
tun wollen, um die Gesellschaft zu verändern.
In ATTAC haben wir es geschafft, obwohl wir unterschiedliche Meinungen
und Analysen der Situation in Deutschland und weltweit haben,
miteinander in buddhistischer Freundlichkeit umzugehen. Das ist
keineswegs selbstverständlich.
Uns wird von Leuten, denen wir nicht radikal genug sind, vorgeworfen,
wir seien reformistisch. In gewisser Weise sind wir das,
radikal-reformistisch – das wollen wir sein. Es wird uns vorgeworfen,
wir seien nicht antikapitalistisch genug. Auch das stimmt. Wir sind
ein schillernder Verein mit Menschen aus unterschiedlichen Bereichen,
und Gott sei Dank ist diese Vielfältigkeit zu einem produktiven
Faktor geworden. Dabei möchten wir gerne bleiben. Wir sind sowohl
Bildungs- als auch Aktionsgemeinschaft.
In unserer Resolution findet sich allerdings kein Wort von
Kapitalismus. Es steht drin, daß wir eine neue Weltwirtschaftsordnung
wollen. Wir haben aber bewußt auf große Schlagwörter, die
historisch belegt sind, verzichtet. Das würde die Einheit, die wir
aus der Vielfalt gewinnen wollen, wieder zerstören.
Wir haben es mit einer Weltwirtschaftskrise zu tun, bei der zum ersten
Mal die drei großen Zentren der Weltwirtschaft – USA, Japan und
Europa – simultan in die Rezession gehen. Der US-Imperialismus steht
auf tönernen Füßen. Die USA ist das größte Schuldnerland der
Welt. Auch deshalb wird der Krieg gegen den Irak geführt. Weil sich
die objektiven Widersprüche verschärfen, wird der Gärungsprozeß
und der Kampfwille vor allem bei den jungen Menschen voranschreiten.
Deshalb haben wir bereits in den letzten Jahren diese große Welle der
Antiglobalisierungsproteste gesehen.
junge
welt, 13.1.2003
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