Für Bundeskanzler Schröder ist der vor
Weihnachten erzielte Kompromiss im Bundesrat über die
Gesetzesprojekte der Agenda 210 eine Zwischenstation. Weitere
"Reformen" sollen in diesem Jahr folgen, um – so
Schröder – "Deutschland wieder an die Spitze zu
bringen". Auf dem Tisch des Vermittlungsausschusses lagen
zwölf Gesetze mit einem Umfang von 2.800 Textseiten.
"Deutschland bewegt sich", verkündet die
Bundesregierung in einer millionenfach aufgelegten Werbebroschüre.
Welche Heilerfolge verheißt die rot-grüne Bewegungstherapie?
Was folgt danach?
Reformpaket 2003
Im Zentrum des Streits zwischen Regierung und Opposition
sowie Bund, Ländern und Kommunen stand das Vorziehen der
Steuerreform, die auf das Jahr 2004 mit einem
Entlastungsvolumen bei der Einkommensteuer von ca. 9 Mrd. und
6 Mrd. Euro im darauffolgenden Jahr verteilt wurde. Im Zuge
des Verfahrens ging allerdings der Begründungszusammenhang
verloren: Erstens ist Deutschland längst in der Spitzengruppe
der Niedrigsteuerländer, und zweitens geht ein meßbarer
Konjunkturimpuls von diesem Paket nicht aus.
Dass Stillstand statt Bewegung verordnet wird, liegt nicht
nur an begrenzten Volumen, sondern sehr viel mehr noch an den
negativen Verteilungswirkungen der Steuerverzichtspolitik.
1998 betrug der Spitzensteuersatz für Einkommen über 55.000
Euro noch 53%; dank der rot-grünen Koalition wird er im Jahr
2005 nur noch bei 42% liegen. Allein die kurz vor Jahresende
2003 beschlossene Absenkung der Besteuerung von Großverdienern
beschert den öffentlichen Kassen ca. 6 Mrd. Euro Einnahmeausfälle.
Hinzu kommt die Steueramnestie für schwarz ins Ausland
transferierte Vermögen: Mit dem sensationell günstigen
Angebot von 25% Nachversteuerung kann ein Straftatbestand
gewinnbringend legalisiert werden. Weitgehend unbemerkt blieb,
dass auch die Abschreibungsbedingungen für Unternehmen erneut
optimiert wurden. Die Lebensversicherungs- und
Assekuranzgesellschaften erhielten dabei eine besonders generöse
vorweihnachtliche Gabe: Sie können wiederum ihre Verluste bei
Wertpapieranlagen abschreiben, was Finanzmarktexperten auf
8-10 Mrd. Euro Steuerausfälle in den nächsten Jahren
taxieren.
Richtig ist: Die niedrigen Einkommen gehen nicht leer aus.
Der Grundfreibetrag wird um 429 Euro (auf 7664 Euro) erhöht
und der Eingangssteuersatz auf 16% und dann 15% abngesenkt.
Bei einem Jahresbrutto von 30.000 Euro spart ein lediger
Steuerbürger 407 Euro an Steuern, Verheirate mit zwei Kindern
486 Euro. Dagegen sind aber die Mehrbelastungen infolge der
Sozialkürzungen, Senkung des Arbeitnehmerfreibetrages, Kürzung
der Pendlerpauschale usw. zu rechnen. Allein im
Gesundheitssystem summieren sich Zuzahlungen und
Leistungsausgrenzungen in 2004 auf knapp 9 Mrd. Euro, was die
Steuergeschenke für die überwiegende Mehrheit der
bundesdeutschen Haushalte mehr als aufzehrt. Nimmt man das Maßnahmepaket
der Rentenversicherung hinzu (Aussetzung der Rentenanpassung,
Verschiebung der Auszahlung auf das Monatsende, Erhöhung des
Rentner-Beitrages zur Pflege- und Krankenversicherung:
zusammen 3,4 Mrd. Euro), ist das Ergebnis eine Schwächung der
konsumtiven Nachfrage von Erwerbstätigen und Rentenbeziehern,
die Bewegung bestenfalls als Treten auf der Stelle simuliert.
Fakt ist:

Gewinner des "Reformpaketes 2003" sind die
Spitzenverdiener, die Unternehmen, die Steuerhinterzieher.
Die rot-grüne Steuerpolitik der Jahre 1998-2004/5 entlastet
Bruttojahreseinkommen ab 500.000 Euro um über 20%.

Verlierer sind die Bezieher von Masseneinkommen, die es bei
einem Einkommen bis 50.000 Euro (das sind 80% der
Steuerzahler) noch nicht einmal auf 5% Steuerersparnis
bringen, die bei weitem nicht ausreicht, um den ganzen Strauß
von Sozialkürzungen auszugleichen.
Zum Abbau sozialer Sicherheit gehört die fortschreitende
Suspendierung des Kündigungsschutzes: Bei Einstellungen von
50-Jährigen aufwärts, die ohne sachliche Begründung
unbegrenzt befristet vorgenommen werden können, bei
PSA-Leiharbeitnehmern, bei Neueinstellungen in Betrieben mit
bis zu zehn Beschäftigten.

Die eigentlichen Verlierer sind die Arbeitslosen und
Bezieher von Sozialhilfe. Schätzungen zufolge werden in den
nächsten Jahren über 600.000 Langzeitarbeitslose wegen der
Anrechnung von Rücklagen und Partnereinkommen aus dem
Leistungsbezug ausgesteuert. Verschärfte Melde- und
Kontrollvorschriften führten zur weiteren Bereinigung der
Statistik. Die "Zumutbarkeit" ist so geregelt,
dass jeder legale Job ohne Rücksicht auf tarifliche
Entlohnung angenommen werden muss – innerhalb kürzester
Zeit führt Arbeitslosigkeit zu Dequalifizierung und
Verarmung.

Zu dem Verlierern gehören auch die Kommunen, die dringend
eine grundlegende Finanzreform gebraucht hätten, um den
Niedergang der öffentlichen Investitionen und der
Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu stoppen. Zur
Logik der Konterreform des Sozialmodells passt, dass die
Privatisierung von öffentlichen Unternehmen zur
Finanzierung der Steuerreform ausgeweitet wird und somit
auch für andere Ebenen des öffentlichen Sektors als
Vorbild gilt.

Zudem hängt die Drohung im politischen Raum: Wenn sich
Gewerkschaften und Unternehmerverbände nicht über weitere
Öffnungsklauseln für betriebliche Abweichungen vom
Tarifvertrag verständigen, soll ein Eingriff in die
Tarifautonomie mittels Bundesgesetz diese Flexibilität
erzwingen.
Politikwechsel?!
Ökonomisch tritt Deutschland auf der Stelle, der
Sozialstaat wird brachial zurückgestutzt. Dennoch trifft Schröders
Bewegungsmetapher zu: für seine Partei und für die
Regierungskoalition. Mehr noch: in kurzer Zeit wurde eine
beeindruckende politische Transformation vollzogen.
Rot-Grün hatte die neoliberale Regierung 1998 nicht
zuletzt wegen ihrer unsozialen Politik (Einschränkung beim
Krankengeld, Kürzung der Altersrenten, Verschlechterung bei
Arbeitslosigkeit etc.) ablösen können. Im Laufe der
Legislaturperiode 1998 bis 2002 setzt die Regierung Schröder
auf die wirtschaftliche Aufwärtsbewegung und verzichtete –
infolge der Illusionen über eine dauerhafte Konjunktur der
New Economy – auf alle gebotenen antizyklischen und
strukturellen Schritte zur Stabilisierung der Ökonomie. Das
Einschwenken auf einen anderen Entwicklungspfad – mit einem
Übergang zu einer nachfrageorientierten Gesamtpolitik im
Interesse der Stärkung der sozio-ökonomischen Position der
Lohnabhängigen – wurde nach dem abrupten Ausscheiden des
damaligen SPD-Vorsitzenden und Finanzministers Lafontaine
vollständig verworfen.
Auch ein solcher Politikwechsel hätte die Republik nicht
aus den Turbulenzen des großen Finanzcrashs des Jahres
2000/2001 mit nachfolgender weltwirtschaftlicher Rezession
heraushalten können, aber mit einer Stärkung der
Binnennachfrage wäre ein Gegensteuern gegen die ökonomische
Stagnation und gegen den weiteren Anstieg der
Massenarbeitslosigkeit möglich gewesen. Stattdessen manövrierte
Schröder seine Partei – unter eindeutigem Bruch des
Wahlprogramms – nach dem knappen Wahlsieg im September 2002
auf einen strikten Kurs neoliberaler Strukturreformen.
Die Erwartung, die "Agenda 2010" würde am
massiven Widerstand der Gewerkschaften und Sozialverbände
sowie innerparteilich an der Opposition der Linken scheitern,
hat sich als Fehleinschätzung herausgestellt. Der
Kollateralschaden dieser politischen Wende ist beträchtlich:
Große Teile der SPD-Wählermilieus wenden sich von einer
Partei ab, die von gesellschaftlicher Steuerung und Kontrolle
von Marktmacht nichts mehr wissen will und durch Verhunzung
des Begriffs der "Reform" die Entzivilisierung und
Entdemokratisierung des Kapitalismus betreibt. Die
Sozialdemokratie rangiert bundesweit in den Meinungsumfragen
bei einem Stimmenanteil von rund 25% – was gut ein Jahr nach
ihrem Wahlsieg einem politischen Erdrutsch in den Kräfteverhältnissen
gleichkommt. Die sozialdemokratische Programmatik ist unter
dem Druck der Agenda 2010 so weit in die bürgerliche Mitte
verschoben worden, dass nach einem Machtverlust eine tiefe und
anhaltende Krise der Partei zu erwarten ist.
Gründe für den Politikwechsel zur Agenda 2010
Der Kurswechsel zur Politik der Agenda 2010 erfolgte unter
dem Druck der anhaltenden ökonomischen Stagnation und der
durch das gesamtwirtschaftliche Nullwachstum aufgedeckten
Finanzierungsnöte in allen sozialen Sicherungssystemen. Zur
Begründung führt die SPD-Führung an, dass in allen
kapitalistischen Hauptländern drei Faktoren eine Politik der
Anpassung erfordern:
1. Demografie: "Die Menschen werden immer älter. Sie
beziehen immer länger Renten und Pensionen. Gleichzeitig
nimmt die Zahl der Beschäftigten ab, die diese Altersbezüge
erwirtschaften müssen."[1]
2. Globalisierung: "Deutsche Unternehmen müssen sich
auf immer härter umkämpften Märkten behaupten. Der
Konkurrenzdruck durch die Globalisierung ist gewachsen."
3. Konjunktur: "Konjunktur und Wachstum treten in den
meisten Ländern Europas und auch in Deutschland auf der
Stelle. Die wirtschaftliche Schwäche bei uns hat viel mit der
Schwäche der Weltwirtschaft zu tun."
Das Versprechen lautet: "Die Agenda 2010 stärkt die
Wachstumskräfte unserer Wirtschaft. Sie eröffnet neue
finanzielle Spielräume für Investitionen in die Zukunft...
Sie sichert den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft."
Wer daran glaubt, betreibt Selbstsuggestion. Die
Regierungskoalition hat sich auf das schiefe Terrain einer
sich beschleunigenden Zerstörung des europäischen
Sozialstaatsmodells begeben. Dem Paket des Jahres 2003 werden
in diesem und in den nachfolgenden Jahren weitere folgen.
Anpassung an verschlechterte ökonomische Rahmenbedingungen
war noch nie eine Revitalisierungskur, sondern hat den ökonomischen
und gesellschaftlichen Organismus jedes Mal geschwächt. Das
Ergebnis war immer das gleiche: Nach kurzer Frist mussten die
sozialen Sicherungssysteme neujustiert werden.
Tendenz zur ökonomischen Stagnation
Die Hoffnungen für das neue Jahr sind darauf gerichtet,
dass sich der Aufschwung der Weltwirtschaft verstärkt und der
außenwirtschaftliche Funke auf die deutsche Binnenwirtschaft
überspringt. Die Voraussetzungen für diesen optimistischen
Ausblick sind relativ stabile Währungsverhältnisse, also
keine Fortsetzung der schnellen Aufwertung des Euro. Die
Politik der "Agenda 2010" bewirkt bestenfalls eine
weitere Verbesserung der schon jetzt gegebenen starken
Konkurrenzfähigkeit der bundesdeutschen Unternehmen. Allein
aus einer weiteren Expansion des Exportes kann keine Überwindung
der massiven Schwäche der Binnenökonomie erfolgen. Alle
Gesetze der "Agenda 2010" zeigen für 2004 und die
nachfolgenden Jahre eine Verschlechterung der öffentlichen
Einnahmen – umso weniger wird man mit öffentlichen
Investitionen gegensteuern können.
Wachstumsimpulse wird es von Seiten der privaten Haushalte
nicht geben können – Massenarbeitslosigkeit verstärkt
Angstsparen und Sozialabbau treibt die, die sich das noch
leisten können, zu privater Vorsorge. Wie soll es unter
diesen Vorzeichen zu einer Stärkung der Investitionsbewegung
kommen? Angesichts der Sparpolitik, dem Systemumbau bei der
sozialen Sicherung und der hohen Verunsicherung der privaten
Haushalte ist eine spürbare Belebung der Gesamtökonomie
unwahrscheinlich. Die vorliegenden längerfristigen Prognosen
für die ökonomische Entwicklung gehen davon aus, dass bis
2010 mit einem jahresdurchschnittlichen Wirtschaftswachstum
von ca. 1,5% gerechnet werden kann; für die nachfolgenden
Jahrzehnt soll es weiter auf unter 1% abflachen. Es müsste
ein einschneidender Politikwechsel in Richtung der Stärkung
der Binnenökonomie erfolgen, falls an dieser langfristigen
Tendenz etwas geändert werden soll.
Offenkundig soll das zerschlissene Argument, die
globalisierte Ökonomie verschärfe die Konkurrenz und
erzwinge die Absenkung von Lohnniveau und sozialer Sicherheit,
durch den Hinweis auf eine kaum mehr tragbare Belastung durch
die so genannte Alterspyramide kompensiert werden. Originell
ist auch das nicht. Die Entwicklungsgeschichte des
Kapitalismus weist erheblich stürmischere Veränderungen des
Altersquotienten auf als die, die in der ersten Hälfte des
21. Jahrhunderts anstehen. Auch während der "goldenen
Jahre" des fordistischen Zeitalters (1950–1975) hat
sich die demografische Entwicklung verschoben. Bei einer
Produktivitätsentwicklung von ca. 1,5% – wovon auch in längerer
Frist die meisten Experten ausgehen – und einer steigenden
Erwerbsquote (insbesondere der der Frauen und Abschmelzen der
Arbeitslosigkeit) wächst der gesellschaftliche Wohlstand, aus
dem die Altersrenten zu finanzieren sind. Die
Finanzierungsprobleme der sozialen Sicherungssysteme sind
nicht durch demografische Lasten entstanden, sondern durch die
chronische Massenarbeitslosigkeit und die Umverteilung von
Arbeits- zu Kapital- und Vermögenseinkommen. Da zudem die
gesamte Last der sozialen Sicherungssysteme weitgehend auf dem
Faktor Lohnarbeit lastet, sind Finanzierungsschwierigkeiten
zwangsläufig die Folge. Statt die Lohneinkommen immer stärker
unter Druck zu setzen, muss eine effektive Belastung der
Kapital- und Vermögenseinkommen erzwungen werden. Denn die
Umverteilung des Reichtums und die massiven Renditeansprüche
von Geldvermögen sind die eigentliche Ursache der Abflachung
des Wirtschaftswachstums und der Tendenz zu Stagnation. Die
chronische Schwäche der Kaufkraft und der Binnenökonomie
wird durch neoliberale "Reform"politik verschärft
und letztlich ist eine solche Intervention
wirtschaftsfeindlich. Die Umsetzung der beständigen
Forderungen nach Absenkungen des Lohnniveaus, Kürzungen der
Sozialausgaben, des öffentlichen Verbrauchs und der
entsprechenden Investitionen trägt zur Beschleunigung der
sozialen Abwärtsspirale bei.
"Zerstörung des Vertrauens"
Nicht zu unterschätzen ist schließlich, dass durch die
endlose Geschichte der Kürzungen und Umverteilungen die
Akzeptanz der gesellschaftlichen Institutionen massiv beschädigt
wird. Die Erosion des Vertrauens in die Arbeitsvermittlung,
Arbeitslosenunterstützung, die gesetzliche Alterssicherung
und die Krankenkassen ist bereits beträchtlich. "Die
Vorstellung von der ›permanenten Reform‹ zeugt von einem
grotesken Verständnis von der Funktionsweise und der
Kompliziertheit von Social Technique. Die Zerstörung des
Vertrauens in gemeinsame Regeln und Einrichtungen ist zudem
eine Art Kulturrevolution. Man bewegt sich, man weiß nicht
wohin und wo man am Ende landen wird. Das ist unserer guten
kulturellen Tradition nicht angemessen und überfordert die
meisten Menschen." (Albrecht Müller, Das Elend der
Parteidebatte, in: Beilage zu Das Parlament 51/2003, S. 6)
Es ist der Sozialdemokratie und der rot-grünen
Regierungskoalition gelungen, diese Konterrevolution der
"Reformen" weit voranzubringen. Die Hoffnungen ruhen
auf der Beschleunigung der Weltwirtschaft ausgehend von den
USA. Doch mit jedem Anstieg des Euro sinkt die Erwartung,
wieviel Wachstum und irgendwann auch Beschäftigung davon in
Europa und Deutschland hängen bleibt. An der mittelfristig
stagnativen Grundkonstellation ändert ein zaghafter
Aufschwung von 1,5% wenig, solange die Weichen im Binnenmarkt
auf Depression gestellt sind.
Die Bundesregierung sorgt dafür, dass es so bleibt.
Bereits im laufenden Jahr werden die Effekte der "Notoperation
Rente" aufgezehrt sein und die Kürzung der
Schwankungsreserve wird sich als Bumerang für den
Bundeshaushalt erweisen. Das gleiche gilt für den Haushalt
der Bundesanstalt für Arbeit, der nur dann mit einem
geringeren (keinesfalls erneut auf Null gesetzten)
Bundeszuschuss auskommen kann, wenn die Repression gegen
Arbeitslose weiter verschärft wird. So steuert die
Bundesregierung bereits im Jahr eins nach der Agenda-Verkündung
auf eine Systemveränderung: Dadurch, dass – wie bei Rürup
vorgesehen – das Nettorentenniveau in den nächsten drei
Jahrzehnten schrittweise von knapp 70% auf weniger als 55%
abgesenkt, und damit definitiv der Grundsatz
lebensstandardsichernder Rentenpolitik aufgegeben wird; und
mehr noch im Gesundheitssystem, wo die Systemalternative Bürgerversicherung
oder Kopfprämien auf der Tagesordnung steht.
Angesichts dieser Konstellation werden soziale
Verunsicherung und Resignation zunehmen – aber auch Protest
und Widerstand. Problemlösungen ergeben sich daraus erst
einmal nicht. Die Abgehobenheit der politischen Klasse
verhindert, dass das alltägliche "Elend der Welt"
tatsächlich zur Kenntnis genommen und durch eine problemadäquate
Politik bearbeitet wird. Die Krise der politischen Repräsentanz
droht sich so in den Regionalwahlen weiter zu verstärken.
Die Proteste erweitern, die sozialen Kräfte bündeln,
gesellschaftliche Aufklärung voranbringen – das sind die
grundlegenden Gegenwartsaufgaben, damit die "Zerstörung
des Vertrauens" sich nicht zu einer Kulturrevolution nach
rechts auswächst.
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